Amerang – Pferd müsste man sein, genauer gesagt, andalusisches reinrassiges Pferd, im weitläufigen Gestüt von Giulia von Crailsheim auf Schloss Amerang, so schön untergebracht mit Bergblick, so umhegt und gepflegt. Oder Sänger müsste man sein und bei der „Italienischen Operngala“ in der prächtigen Reithalle mit der hervorragenden Akustik singen dürfen. Als Zuhörer durfte man all das genießen, zwischen den Stallungen flanieren, bei der Dressur zuschauen, das kleine Fohlen süß finden und dann auf einem der bequemen Stühle Platz nehmen, um Perlen der italienischen Opern zu hören, dargeboten von internationalen Sängern, präsentiert von Ingo Kolonerics und seiner „Oper im Berg“ aus Salzburg, und um begrüßt zu werden von der bayerischen Kultusministerin Marion Kiechle, die den eigentlich angekündigten Ministerpräsidenten Söder vertrat.
Das Orchester, sonst im Schlosshof etwa dutzendstark, ist diesmal verdoppelt und es gibt gleich zwei Dirigenten: vor der Pause Waku Nakazawa – doch der dreht sich bei dem berühmten Trinklied aus Verdis „La Traviata“ plötzlich um und entpuppte sich als ein strahlender Tenorsänger. Nach der Pause leitet der sichtlich opernerfahrene Stefano Seghedoni das Orchester, das plötzlich wie verwandelt spielte und auch für die Harfe die richtigen Noten hatte.
Bis auf das Torero-Couplet aus Bizets „Carmen“, das Nejat Isik Belen machtvoll in die Reithalle wuchtete, waren es wirklich nur italienische Opern. Hochdramatisch und mit dunkelglühendem Sopran sang Alexandra Koneva „Vissi d’arte“ aus Puccinis „Tosca“, überdramatisch-ausladend Elena Kononeko die Arie der Leonora aus Verdis „La Forza del Destino“.
Die Operntitel gaben dem moderierenden Kabarettisten Django Asül viele Anreize zu sarkastischen Anzüglichkeiten, so sei „La Forza del Destino“, also die Macht des Schicksals, das Motto für die kommende Landtagswahl, und „I Pagliacci“, also die Clowns, seien eben Horst Seehofer und Markus Söder. Auch sonst erdete er witzig das Opernpathos auf das Bairische, was ihm die Sympathien aller Zuhörer eintrug.
Tenor Sergiu Saplacan versicherte hellstrahlend und verführerisch leicht: „La donna è mobile“, aus Verdis „Rigoletto“, Ji-Woon Kim sang mit metallenem Tenor den Troubadour in Verdis gleichnamiger Oper. Rossinis „Barbier von Sevilla“ lieferte zwei Arien: Roger Krebs besang mit markantem, raumfüllendem Bass das Anwachsen der Verleumdung („La Calumnia“) und Fernando Araujo präsentierte sich mit beweglichem Bariton als das Faktotum der ganzen Welt. Sehr viel Sympathie und Beifall heimste Dilay Girgin ein mit der großen Arie der Violetta aus Verdis „La Traviata“, die sie mit ihrem kräftigen Sopran mit einem Kolibri-Flügelschlag-Vibrato sehr überzeugend gestaltete.
Ein Sextett aus Donizettis „Lucia di Lammermoor“ leitete über zum Ende, zu dem sich alle Sänger auf der großen Bühne versammelten, zunächst den Triumphmarsch aus Verdis „Aida“ und dann den „Va-pensiero“-Chor aus Verdis „Nabucco“ sangen (oder – so ätzte Django Asül – „Nabutscho“, wie Berliner Abiturienten sagen würden), bevor sie den langen Reigen der Zugaben begannen, mit „Nessun dorma“, „Granada“, „Funiculi, Funicula“ und dem wohl unvermeidlichen Sängerwettstreit mit „O sole mio“. Piano war an diesem Gala-Abend nicht gefragt, alle Zuhörer waren glücklich über die vielen italienischen Arien und das noble Ambiente und überschütteten alle Sänger mit Riesenbeifall.