Prien – Die Konzertreihe „Nightingale“ präsentiert Konzerte an Stätten abseits des Bekannten. Etwas abseits von Prien liegt sein Bauhof, inmitten der massiven Holzkonstruktion thronte ein Steinway-Flügel, zwischen Verkehrsschildern, Gestängen und Leitungen und vor Bierbänken sang Thomas Schütz „Die schöne Müllerin“ von Franz Schubert. Stoisch widerstand er dabei Nebengeräuschen wie Flaschengeklirr der Catering-Crew, umfallenden Gläsern und klingelnden Handys, wurde aber gleichzeitig umspielt von Vögeln, die draußen ihr Abendlied zwitscherten. Dabei zwang Schütz mit großer Konzentration seine Zuhörer zum ebenso konzentrierten Zuhören.
Das schaffte Schütz mit seiner Artikulationskunst, die das Mitlesen der Texte fast unnötig machte, und damit, dass er seinen fülligen und eingedunkelten Opernbassbariton ganz klein machen konnte und so mit Abwechslung der Stimmfarben große Spannung erzeugte.
Insgesamt gerieten die gewählten Tempi ins Flott-Rasche, bisweilen auch zu Rasche: Die „Ungeduld“ war zu ungeduldig-jagend, bei Schubert steht da „etwas geschwind“, da hätte ein größeres „Etwas“ genauere Textartikulation ermöglicht. Aber Schütz‘ Müllersbursche war da halt gewaltig liebeserregt. Und „Der Jäger“ hätte ebenfalls weniger geschwind, dafür zorniger und verbissener sein dürfen. Sonst zeichnete Schütz genau den Umschlag von der anfänglichen munteren Wanderslust und Liebesbereitschaft zu tödlich-resignativer Liebesverzweiflung nach, half bisweilen zeigefingermäßig mit dramatischem Aufwallen nach, wechselte, wo’s passte, ins stimmlich Kernige, scheute auch vor kleinen Schluchzern und Portamenti nicht zurück, vor allem gelangen ihm die zagenden Fragen gut: „Sag, Bächlein, liebt sie mich?“
Ins bange Piano bettete er den Vergleich von dem Blumentau mit seinen Tränen, ins trotzig behauptende „Sie ist mein!“ mischte er schon ahnende Verzweiflung. Und mit gekonnter „voix mixte“ malte er in „Des Baches Wiegenlied“ die liebesverlassene Trostlosigkeit nach.
Dass Thomas Schütz so gern und oft mit dem Pianisten Christoph Schnackertz zusammenarbeitet, versteht man: Deutlich gestaltete der am Klavier mit sattbunten und zugleich herbfeinen Klängen, ließ den Bach munter rauschen, hob deutlich die Fragen des Müllerburschen mittels Tonartwechsel hervor, überschwemmte geradezu in „Die liebe Farbe“ das Geschehen mit tränenströmenden Moll-Akkorden, begleitete den Abschied vom Leben mit unendlich traurigen Klängen und ließ „Des Baches Wiegenlied“ fast todesverführerisch schwelgend klingen.