Neubeuern –„Schön, dass Sie geblieben sind!“, freute sich Klarinettist Sebastian Manz nach der Konzertpause mit einem Augenzwinkern. Seine Befürchtungen waren natürlich völlig unbegründet. Zusammen mit Pianist Herbert Schuch verzauberte Manz das Publikum im Schlosssaal von Neubeuern bis zum Schluss mit Standardwerken der Klarinettenliteratur. Dreiviertel des Programms ändere sich, verkündete Manz den erstaunten Zuhörern. Aus dramaturgischen Gründen wurden die angekündigten Werke von Brahms, Schumann und Alban Berg tatsächlich nur in einer anderen Reihenfolge aufgeführt.
Zunächst spielten Schuch und Manz die Sonate für Klarinette und Klavier Nr. 2 in Es-Dur von Johannes Brahms. Im Allegro amabile, einem eher ruhigen Satz, brachte Manz träumerische Tonfolgen zum Erklingen, die von Schuch am Klavier dialogisch ernst begleitet wurden. Ganz anders wirkte das Allegro appassionato, dessen schroffe Leidenschaftlichkeit die beiden Interpreten brillant zum Ausdruck brachten. Manz spielte mit vollem Körpereinsatz, entlockte seinem Instrument, das er mit schlafwandlerischer Sicherheit beherrschte, Töne voller melodischer Klarheit und Helligkeit. Die harten Klavierakkorde Schuchs bildeten zu den weit gespannten Melodiebögen der Klarinette einen klangschönen Kontrast. Im Andante con moto betörten Klavier und Klarinette das Publikum mit melodisch dahinfließendem Gleichmaß, wogegen das Finale eine kraftvolle Dynamik ausstrahlte.
In den drei Fantasiestücken op. 73 von Robert Schumann schienen nicht nur die Sätze, sondern auch die Instrumente klanglich miteinander zu verschmelzen. Der Hörer hatte den Eindruck, die Musik führe gleichsam ein Eigenleben. Klarinette und Klavier standen in einem zarten Zwiegespräch, das sich mal echoartig steigerte, mal leise und behutsam verklang. Die Musik pulsierte, atmete, versetzte die Hörer in einen Zustand beseelter, willenloser Hingabe. Voller Leidenschaft und Lebendigkeit war der Schluss, den beide mit virtuoser Makellosigkeit aufführten.
Naturgemäß bildeten die vier kurzen, diffizilen Stücke für Klarinette und Klavier von Alban Berg für die Hörer eine gewisse Herausforderung, obgleich Manz das Publikum sachkundig darauf vorbereitete. Die Stücke im romantischen Gestus auf der „neuen, stilistischen Schiene“ der zweiten Wiener Schule waren zugleich wirkungs- und anspruchsvoll. Manz und Schuch spielten das 1913 komponierte Werk mit konzentriertem Ernst und Genauigkeit. Die Flatterzunge der Klarinette erzeugte in dieser Komposition, in der jedes Detail genau vorgeschrieben ist, schmutzig klingende Töne, das stumme Anschlagen der Tasten des Klaviers rief bizarre Klangeffekte hervor. Schrill tönende Hektik, die an flüchtig dahingeworfene Skizzen erinnerte, wechselte abrupt mit leise verklingenden Passagen, deren hörbare Ruhe dem Hörer den Atem nahm.
Bei Brahms durfte das Publikum wieder aufatmen. Seine f-Moll Sonate op. 120 verband melodische Farbigkeit und prägnante Rhythmik mit einer Fülle von Themen und Motiven, die Schuch und Manz mit großer Sensibilität und spielerischer Perfektion zu Gehör brachten. Zu Herzen ging die heitere und ungetrübte Fröhlichkeit des Finales, das vom Publikum stürmisch beklatscht wurde.
Als Zugabe spielte das Duo zum Abschluss ein kleines, zartes Stück von Claude Debussy.