Klangüppige Herbststürme

von Redaktion

Traunsteiner Sommerkonzerte enden glanzvoll mit dem Notos-Quartett

Traunstein – Besser und qualitätsvoller hätten die Traunsteiner Sommerkonzerte nicht enden können als mit dem glanzvoll-präzisen, fabelhaft synchronen und doch auch klangüppigen Notos-Quartett, dem frisch gebackenen Echo-Klassik-Preis-Träger 2017. Notos ist der griechisch-mythologische Südwind, er weht warm und sanft, bringt aber auch Herbststürme. Von allem etwas hat dieses hochsympathische junge Klavier-Quartett mit dem Geiger Sindri Lederer, Andrea Burger an der Viola, Philip Graham am Cello und vor allem mit der viel Impuls gebenden Antonia Köster am Klavier, die anscheinend die musikalischen Fäden zieht. Sie besitzt die Fähigkeit, Führung zu übernehmen, indem sie sich scheinbar ihren Kollegen anschmiegt: Führung durch Nicht-Führung.

Intime Kammermusik in Staatsrobe

Dem Klavierquartett Nr. 1 c-Moll op. 15 von Gabriel Fauré (1845 bis 1924) gaben die Musiker viel Lautfülle, viel Klangüppigkeit und viel edle Sonorität, vielleicht ein bisschen viel romantischen Schwulst. Vom Klavier kamen viele Klangfarben dazu, glitzernde, samtige und auch perlende Farben. Insgesamt schritt dieses beliebte Werk in rauschender Pracht daher: intime Kammermusik in Staatsrobe gewandet.

Diese Klangüppigkeit prägte auch das dänische Stück, die „Ballata op. 159“ von Vagn Holmboe (1909 bis 1996), ein dialogisch bestimmtes Stück, das durchweg im Bereich des Klangschönen bleibt. Es beginnt die Violine mit auftrumpfendem Aufschwung, darauf antworten alle anderen Instrumente sehr bewegt – als wollte die Violine etwas sehr Bewegendes erzählen, was die anderen empathisch kommentieren. Das Klavier meditiert auch mal alleine vor sich hin, dazwischen platzen heftig aufgewühlte Akkorde, alles endet hochpathetisch entflammt: eine wirkliche dramatische Ballade, wie der Titel nahelegt.

Bei aller Klangpracht lichteten die Vier das Klavierquartett g-Moll op. 25 von Johannes Brahms (1833 bis 1887) gehörig auf mit einem immer nach vorne drängenden Gestus und mit sehr bewusst kontrolliertem Gefühl, was zu großer Leidenschaftssteigerung führte. Das Klavier wurde nie klangdick-massiv, sondern umfloss ganz licht das musikalische Geschehen, sodass ein insgesamt klar-transparenter und schlanker Brahms-Klang entstand. Vor allem ließen die Musiker hören, wie im Kopfsatz eigentlich alles aus dem Motiv des ersten Taktes erwächst, wie diese intelligente Struktur in Klang überführt wird: das Denken wird zum Hören. Das sonst so oft dahinhuschende „Intermezzo“ war trotz der verwendeten Dämpfer aufgehellt, das Huschen wurde zum gespannten Drängen. Die Herbststürme tobten dann im finalen „Rondo alla cingarese“, die Notos-Musiker knieten sich förmlich in jede Synkope und spielten sich in einen gehörigen ungarisch geprägten rhythmischen Rausch.

Europa im Kleinen

Nebenbei gesagt bot dieses Konzert ein Europa im Kleinen: eine dänische Ballade antwortete auf ein französisch-romantisches Salon-Stück, ein Hamburger, der dann sein Glück im österreichischen Wien findet, komponiert im ungarischen Stil – und dann gab’s als heftig erklatschte Zugabe noch etwas Russisches, ein ruhiges Stück von Peter Tschaikowski.

Wie war’s?

Friederike Schmid aus München: Das Klavierquartett war ausgezeichnet, das Klavier hervorragend, auch das Cello hat mir sehr gut gefallen. Der Fauré war etwas gewalttätig, das dänische Stück war sehr interessant und gut zum Hören, die ersten drei Sätze vom Brahms waren wunderbar, mit Längen natürlich, aber der letzte Satz war dann, nahja, ein ungarischer Teufel.

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