Bildhauer aus Leidenschaft

von Redaktion

Zum Tod des Bauern, Bildhauer und Bürgermeisters Hans Thurner

Obing – Inmitten seiner vielen Skulpturen starb in seinem Kunststall Fachendorf bei Pittenhart der Bildhauer Hans Thurner im Alter von 66 Jahren.

Hans Thurner wurde 1951 in Landertsham bei Obing geboren. Er bezeichnte sich als „Bauer von Beruf“ und als „Bildhauer aus Leidenschaft“. Dazu war er noch politisch aktiv und leitete 18 Jahre lang von 1996 bis 2014 als Bürgermeister die Geschicke seiner Heimatgemeinde Obing.

Der Autodidakt Hans Thurner war schon früh beim Wasserburger Arbeitskreis 68 aktiv. Die Künstlergemeinschaft leitete er ab Anfang der 80er Jahre einige Jahre als Vorsitzender. In dieser Zeit initiierte er zusammen mit der Bildhauerin Ute Lechner zum 20-jährigen Bestehen des AK 68 und zur 850-Jahrfeier der Stadt Wasserburg 1988 den Wasserburger Skulpturenweg. Mit derzeit 30 Skulpturen namhafter Künstler, die entlang der Innschleife aufgestellt sind, ist der Skulpturenweg der Größte dieser Art in Bayern. Seit 1999 zieren auf seine Initiative über 20 unterschiedliche Objekte zeitgenössischer Bildhauer auch den Rundweg um den Obinger See. Seit 1980 arbeitete Hans Thurner kontinuierlich mit Ute Lechner zusammen. Gemeinsam starteten sie anspruchsvolle Kunstaktionen wie „Körperzeichen“ (1980), Wegsteine (1982), Krone für Tinguely (1991), Das goldene Tor (1992), Zeitmahl (1999), Verdichtung (2002). Bekannt wurden beide für ihre groß dimensionierten Skulpturen und Objekte, Kugeln oder Kreisel, die vielfach den öffentlichen Raum zieren wie am Haus der Kultur in Wasserburg, am Finanzamt Rosenheim, an der Uni Dresden oder auch den Kreisverkehr in Wasserburg am Inn Richtung Prien und Rosenheim.

In vielen deutschen und europäischen Städten stellten sie aus. Unter anderem kauften die Bayerische Staatsgemäldesammlung, der Landkreis Rosenheim, die Stadt Marburg, die Stadt München und der Bezirk Oberbayern Werke des Künstlerpaares. Hans Thurner und Ute Lechner wurden für ihr Werk mit zahlreichen Kunstpreisen ausgezeichnet. Auch das Fernsehen dokumentierte ihre künstlerische Arbeit in mehreren Sendungen.

Neben den großen Metallobjekten weisen Hans Thurners bewegliche Objekte, die er aus Schrottteilen fertigte, auf tiefgründige Einsichten hin. Zeit und Vergänglichkeit, die Schönheit, aber auch die Unvollkommenheit des Lebens, seine Härte und Ungerechtigkeit waren Inhalt seiner Kunst. Beste Beispiele sind die Messingskulptur „Der Ring“, die noch vor kurzem die große Wasserburger Kunstausstellung im Rathaussaal dominierte, und die 55 Karrenobjekte mit dem Titel „Laudemium“ aus dem Jahr 2000, die mit ihren Beigaben, die Abhängigkeit der Bauern in alten Zeiten symbolisierten.

Hans Thurner war Bauer, Künstler und aktiver Bürger gleichzeitig. Es war für ihn, den feinfühligen und auch humorvollen Menschen, nicht immer einfach, dies zu vereinen. Sein unermüdlicher Einsatz kostete ihm große Kraft. In den letzten Jahren machte ihm seine nachlassende Gesundheit schwer zu schaffen. Mit ihm verliert die Region nicht nur einen großen Künstler, sondern auch einen sympathischen Menschen.

Die Beerdigung ist am Mittwoch, 13. September, um 14 Uhr in Obing. rf

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