Virus versetzt Börsen in Aufruhr

von Redaktion

Eine schwarze Woche für die Aktienmärkte geht zu Ende. Verschreckt der Kursrutsch die börsenscheuen Deutschen weiter?

VON ROLF OBERTREIS

Der Kursrutsch an den Börsen ist eine Hypothek für die ohnehin fragile Aktienkultur in Deutschland. Denn nicht einmal im vergangenen Jahr, als die Börsen boomten, zog es die Deutschen in Scharen an die Aktienmärkte – im Gegenteil: Die Zahl der Aktionäre sank. Knapp 9,7 Millionen Menschen hierzulande besaßen nach jüngsten Daten des Deutschen Aktieninstituts (DAI) im Jahr 2019 Anteilsscheine von Unternehmen und/oder Aktienfonds.

Um rund 14 Prozent ist es im Dax in der abgelaufenen Woche nach unten gegangen. Es war die schlechteste Woche für den Deutschen Aktienindex Dax seit der Griechenland-Krise 2011, sagen die einen. Andere können sich seit der Finanzkrise 2008 an kein vergleichbares Desaster erinnern. Das Coronavirus wird auch in die Börsengeschichte eingehen. Und es wird die Finanzmärkte weiter beschäftigen. Weltweit. Wie lange weiß niemand an der Börse, weil es auch Mediziner nicht wissen.

Minus-Zeichen allenthalben: Seit dem Rekordhoch von 13 796 Punkten am 20. Februar hat der Dax zeitweise mehr als 2000 Punkte eingebüßt. Oder nahezu 15 Prozent. Im Vergleich zu Ende 2019 liegt das Minus bei rund zehn Prozent, der Februar brachte einen Rückgang um neun Prozent.

Das ist möglicherweise nicht das Ende der Fahnenstange. „Panische Gewinnmitnahmen auf die bis dahin erzielten Buchgewinne drohen sich zur schärfsten Verkaufslawine seit der Finanzkrise 2008 auszuwachsen“, warnt Robert Halver von der Baader-Bank.

Die bis Ende der vergangenen Woche erstaunliche Corona-Gelassenheit und seinen Folgen sei „in Panik umgeschlagen“, konstatiert Markus Reinwand von der Landesbank Hessen-Thüringen. Er sieht aber mittlerweile auch Übertreibungen nach unten. Reinwand hält trotz des Kursdesasters noch an seinen Prognosen fest: 14 000 Dax-Punkte zur Jahresmitte, 13 500 zum Jahresende. Bei der DZ Bank sind die Auguren skeptischer. 13 000 Zähler lautet ihre Prognose bis zur Jahresmitte, womit immerhin die Verluste im Vergleich zu Ende 2019 fast ausgeglichen wären. Vorerst aber könnte es noch weiter nach unten gehen, warnt Stratege Christian Kahler. „Anleger sollte nicht überrascht sein, wenn der Dax in den kommenden Wochen noch stärker fallen sollte.“ Im Schnitt habe eine Korrektur im Dax von seinem Höchststand ausgehend seit 1964 bei rund 16 Prozent gelegen. Runter bis auf 11 600 wäre Kahler zufolge deshalb eine „völlig normale Konsolidierung“. Allerdings gab es in den vergangenen sechs Jahrzehnten keine der Corona-Epidemie vergleichbare Krise.

Keine Illusionen macht sich Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. „Selbst bei einem milderen Verlauf der Epidemie wären die wirtschaftlichen Erwartungen vom Jahresanfang Makulatur.“ Die Aktienmärkte seien erst einmal krankgeschrieben. Auch Kater sieht in der derzeitigen Abwärtsdynamik Übertreibungen nach unten. „Wenn die Märkte ihren Boden gefunden und alle zittrigen Hände den Markt verlassen haben, werden sie die deutlichen Kursabschläge zu weiteren Aktien-Engagements nutzen“, versucht Baader-Bank-Stratege Halver ein wenig Zuversicht zu verbreiten. Die Frage bleibt: Wo ist der Boden, wann ist ein Ende der Coronakrise in Sicht?

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