Bahn: Nachfrage lässt Preise steigen

von Redaktion

Mit Big Data will die Bahn die Auslastung der Wagen besser steuern. Der Ticketpreis spielt dabei eine entscheidende Rolle.

VON WOLFGANG MULKE UND JOHANNES WELTE

Die Vorfreude auf einen kurzfristig geplanten Urlaub per Bahn kann sich bei der Buchung der Tickets schnell eintrüben. Wer etwa an diesem Freitagnachmittag mit dem Zug von München nach von Berlin fahren möchte, muss mit happigen Preisen rechnen. Für den 3,55 Stunden schnellen Sprinter-ICE um 15.56 Uhr konnte man gestern auf bahn.de nur noch ein Erste-Klasse-Ticket für 213,90 Euro buchen, die 2. Klasse war schon ausgebucht. Für den ICE um 14.56 Uhr, der 4,33 Stunden braucht, legte man immer noch 129,90 Euro hin.

Preis folgt Nachfrage

Die Fahrpreise richten sich meist nach der Auslastung, und die wird seit April auf der Buchungsseite der Bahn mit drei Figuren-Logos anzeigt, Sind die Figuren rot („Außergewöhnlich hohe Belastung erwartet“), gibt es keine Fahrkarten mehr. „Eine Ticketbuchung und Sitzplatzreservierung sind deshalb nicht mehr möglich“, so Andreas Ferbert, Chef der Abteilung Erlös-, Auslastungs- und Sitzplatzmanagement der Deutschen Bahn. Orange bedeutet: „Sehr hohe Auslastung erwartet“, zwei graue Figuren „Hohe Auslastung erwartet“ und eine graue „Geringe bis mittlere Auslastung erwartet“.

Seit April gibt es diese Neuerung im Buchungssystem der Bahn. Hinter der Anzeige steckt Künstliche Intelligenz. Das Unternehmen verfügt über viele Millionen Informationen über das Buchungsverhalten in der Vergangenheit. So werden die Zeiten und Routen mit üblicherweise besonders hoher Auslastung ermittelt. Das Ergebnis koppelt die Bahn dann mit dem aktuellen Buchungsstand. Daraus leiten sich dann die Farben der Figuren im Online-Buchungssystem ab. „Zu 90 Prozent stimmt das Symbol mit der Realität überein“, versichert der IT-Experte Ferbert, „wir wollen damit eine bestmögliche Verteilung unserer Fahrgäste auf die Züge erreichen.“

Manchmal übertrieben

Perfekt ist das System noch nicht, wie ein Blick auf die Schwachpunkte zeigt. Manche Züge sind nur auf Teilabschnitten rappelvoll, werden aber durchgängig als überfüllt angezeigt. Firmen oder Gruppen reservieren gelegentlich vorsorglich Sitzplatzkontingente, ohne sie dann zu nutzen. Das führt die Künstliche Intelligenz auf die falsche Fährte. In der Frankfurter Zentrale des Fernverkehrs laufen die Informationen über das aktuelle Geschehen auf den Schienen zusammen. Hier beobachtet auch Nina Hutwagner den Verkehr. Die Leiterin des Betriebsmanagements und ihre 40 Mitstreiter überwachen alle Tage rund um die Uhr die Fernreisen. Ihre Aufgabe besteht im Krisenmanagement. Fallen wegen eines Sturms oder technischer Mängel Verbindungen aus, errechnen die Experten mögliche Ersatzrouten für die Fahrgäste.

Erlöse sollen steigen

Die aufwändige Software dient aber vor allem höheren Erlösen. Das Prinzip ist einfach. Je begehrter die Strecken und Zeiten bei den Reisenden, desto weniger preiswerte Tickets werden verkauft. So will der Chef des Erlösmanagements mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: „Wir optimieren die Erlöse und sichern zugleich die Qualität und die Kundenzufriedenheit“, so Ferbert. Wie hoch die Kontingente an Spar- und Supersparpreisen ist, bleibt der Öffentlichkeit verborgen. Stichproben im Buchungssystem zeigen eine beträchtliche Bandbreite an Angeboten.

Wochentage günstiger

Generell gilt: Dienstag, Mittwoch und Donnerstag sind verkehrsärmere Tage, ausgenommen, sie fallen auf einen Feiertag. Auch frühmorgens oder spätabends fährt man günstiger. Kein Wunder, dass die Kunden auf die preiswerteren Zeiten ausweichen. So füllen sich auch die Züge in den Randzeiten.

Auf einen bei den Fluggesellschaften angewandten Verkaufstrick verzichtet die Bahn nach eigenen Angaben. „Die Ticketpreise ändern sich nicht ständig“, versichert Ferbert. Es lohnt sich demnach nicht, auf besonders günstige Angebote in der späten Nacht oder am Montagmorgen zu hoffen. Schnäppchenjäger haben bei der Bahn fast nur mit einer Strategie recht sicher Erfolg: früh buchen.

Früh buchen lohnt sich

Sagen die Prognosen erst einmal eine hohe Auslastung des gewünschten Zuges voraus, kann die Fahrt schnell teurer werden. Bis zu einem halben Jahr vor der geplanten Reise kann man Fahrkarten der Bahn erwerben. Eine Stichprobe: Gestern etwa kostete die Fahrkarte für Freitag, 4. Oktober, um 15.14 Uhr für den ICE München-Berlin nur 19.90 Euro. Wer zeitlich ungebunden ist, kann auf der Startseite der Bahn auch den „Sparpreis-Finder“ im Reiter neben „Reiseauskunft wählen“, da werden für jeden Tag die günstigsten Züge angezeigt.

Natürlich kann man auch mit einer Bahncard sparen, die Rabatte werden auch auf die Sparpreise gewährt. Ab wann sich eine Bahncard bezahlt macht, lässt sich mit dem Bahncard-Rechner auf bahn.de ausrechnen (am schnellsten mit einer Suchmaschine zu finden). Mit der Bahncard kann man auch Punkte sammeln, die sich unter anderem in Fahrkarten umtauschen lassen. Das Punktesammeln geht übrigens auch mit der BahnBonus Card, die nichts kostet.

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