Die USA und China – das bleibt das dominierende Thema an der Börse. Längst ist es nicht nur der Handelskonflikt, es sind die ständigen Attacken des US-Präsidenten auf das Reich der Mitte. Donald Trump missfällt die ökonomische und politische Macht Chinas. Gespräche mit dem chinesischen Präsidenten am Wochenanfang mit hoffnungsvollen Signalen sind schon wieder vergessen. Jetzt hat Trump den Telefonkonzern Huawei im Visier. „Möge Trump seine egozentrischen Sabotageakte unterlassen“, ärgert sich nicht nur Robert Halver von der Baader Bank. Der vom US-Präsidenten angezettelte und immer wieder angeheizte Streit zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften könnte die gesamte Weltkonjunktur nach unten ziehen. „Erst mit einem Abkommen USA-China wäre das Thema Rezession in Deutschland endgültig vom Tisch“, ist Halver überzeugt.
Der Streit jedenfalls hat den Deutschen Aktienindex Dax in der ersten Dezemberwoche massiv bewegt: Zu Wochenbeginn nach oben und nach der Verhaftung der Huawei-Finanzchefin in Kanada auf Drängen der USA rasant nach unten, auf weniger als 10 800 Punkte – der tiefste Stand seit zwei Jahren. Dass er sich zum Wochenschluss wieder leicht erholt hat, gilt als technische Reaktion. Unter dem Strich steht im Wochenverlauf ein Minus von gut drei Prozent, seit Jahresanfang sind es mehr 15 Prozent. Von Jahresendrally spricht niemand mehr. Erst für 2019 macht sich leichte Zuversicht breit – die Trump schnell wieder zunichte machen könnte.
Dann sind da ja noch der Brexit, die Haushaltskrise in Italien und jüngst auch die Konflikte in Frankreich. Zudem sorgen immer wieder einzelne Unternehmen für herbe Tiefschläge wie zuletzt der Gesundheitskonzern Fresenius und auch die Deutsche Bank, deren Kurs zeitweise auf 7,71 Euro abrutschte und sich auf Jahressicht mehr als halbiert hat.
Da hilft auch wenig, dass einige Beobachter sagen, der Aktienmarkt, also Händler und Anleger, übertrieben mittlerweile nach unten. Alle schlechten Nachrichten seien mehr als eingepreist. Von frostiger Stimmung an den Finanzmärkten spricht Claudia Windt von der Landesbank Hessen-Thüringen. Wirklich berechtigt sei das aber nur, sollte es 2019 tatsächlich zur Rezession kommen. Sie sieht den Dax am Jahresende wieder bei 11 500 und im zweiten Quartal 2019 bei 12 700 Punkten.
Bei der DZ Bank rechnet man bis dahin mit allenfalls 12 000 Zählern. Vor allem das Exportgeschäft der Firmen werde schwieriger. Erneut ansehnliche Dividenden und die anhaltend niedrigen Zinsen – die Europäische Zentralbank erhöht den Leitzins möglicherweise erst 2020 – stimmen andere Experten verhalten optimistisch. 12 500 hat Stefan Kreuzkamp von der DWS, Fondstochter der Deutschen Bank, im Blick. Wenn der eigenwillige Herr im Weißen Haus nicht wieder dazwischen funkt.
ROLF OBERTREIS