Laubrente für den Nachbarn

von Redaktion

Der Herbst bringt herrliche Farben – aber auch viel Arbeit. Und manchmal sogar Ärger, der am Ende vor Gericht landet. Hier eine Auswahl an Herbst-Urteilen.

VON WOLFGANG BÜSER UND MAIK HEITMANN

Wer dieser Tage einen Spaziergang macht, kann in einem echten Farbenrausch schwelgen. Doch die bunt gefärbten Bäume – und ihre Früchte – haben manchmal ein juristisches Nachspiel.

Walnussbäume

Parkt ein Autofahrer seinen Pkw im Herbst – wenn auch auf seinem eigenen Grundstück – unter einem Walnussbaum, der mit gut einem Meter auf seinen Grund herüberragt, so muss er damit rechnen, dass der Baum reife Walnüsse abwirft und seinen Wagen beschädigen könnte. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hält dies für „naturgegeben“. Und da der Baum nicht krank gewesen sei, könne der Nachbar auch keine Schadenersatzansprüche gegen ihn geltend machen. Aus der Urteilsbegründung: Grundsätzlich sei es auch im Interesse der Allgemeinheit wünschenswert, dass in Städten Nussbäume vorhanden sind (AmG Frankfurt am Main, 32 C 365/17 – 72).

Laubbläser

Grundsätzlich haben Mitarbeiter der Stadt, die mit einem Laubbläser unterwegs sind, Sicherungsmaßnahmen zu treffen – beispielsweise durch das Aufstellen von Warntafeln. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte folgenden Fall zu entscheiden: Ein städtischer Mitarbeiter reinigte einen Gehweg von Herbstlaub, indem er das Blattwerk vor eine schräg hinter ihm fahrende Kehrmaschine blies. Eine vorbeikommende Autofahrerin erschrak wegen der plötzlichen „Laubwolke“ auf ihrer Windschutzscheibe, verriss das Lenkrad und prallte auf einen geparkten Wagen.

Zwar habe die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht im Rahmen der durchgeführten Reinigungsarbeiten verletzt, weil die Arbeiter Vorkehrungen hätten treffen müssen (zum Beispiel war hier der Abstand zwischen dem Laubbläser und der nachfolgenden Kehrmaschine zu groß gewesen). Dennoch konnte die Frau hier keine Schadenersatzforderung durchsetzen. Denn sie hatte nicht bewiesen, dass allein das von dem Gerät aufgewirbelte Laub zum Autounfall geführt habe (LG Nürnberg-Fürth, 4 O 6465/15).

Laub-Entsorgung

Beklagt sich eine alleinstehende Grundstückseigentümerin über den starken Laubfall im Herbst, der in zahlreichen Bäumen und Sträuchern auf dem öffentlichen Nachbargrundstück seinen Ursprung hat, so kann sie dennoch der betreffenden Kommune nicht die Kosten für die jährliche Entsorgung von etwa 60 bis 70 Säcken Laub auferlegen, wenn es sich um ausgewachsene Bäume handelt, die Bestandsschutz haben. Ein Walsroder Amtsrichter entschied, dass die alte Dame, die nur über einen Arm verfügt und deshalb die Arbeiten nicht selbst übernehmen kann, sich anderweitig behelfen müsse, weil der Laubfall auf eine „ortsübliche Nutzung des Grundstücks“ zurückzuführen sei. Als sie mit ihrem Mann vor Jahren, um den Baumbestand wissend, dieses Haus gekauft habe, hätte sie vorausschauend wissen müssen, was im Laufe der Jahre auf sie zukommen würde. Deshalb könne sie nicht von einer unzumutbaren „Störung“ ausgehen (AmG Walsrode, 7 C 442/14).

Räumpflicht

Hat eine Kommune die Anwohner bestimmter Straßen dazu verpflichtet, „bis zur Straßenmitte“ die Reinigung vorzunehmen, so gilt das unabhängig vom Alter der Anlieger. Hier zu Lasten einer 95-jährigen Hauseigentümerin entschieden, die sich nicht mehr in der Lage sah, diese Aufgaben zu erledigen. Vor Gericht wurde ihr das durchaus abgenommen – nicht jedoch die Verpflichtung zur Säuberung. Sie müsse die Reinigung ja nicht selbst vornehmen, sondern könne „Dritte damit beauftragen“ (VwG Berlin, 1 L 299/14).

Laub im Teich

Ragen Zweige von Bäumen eines Hausbesitzers auf das Grundstück des Nachbarn und werden durch Laub-, Blüten-, Zapfen- oder Nadelfall Grund, Dach und Dachrinne sowie Gartenteich so stark verschmutzt, dass das „nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis gestört“ wird, so muss – wenn die Bäume nach Landesrecht nicht mehr zurückgeschnitten werden müssen – gegebenenfalls eine Entschädigung, zum Beispiel für erhöhten Reinigungsaufwand, die sogenannte Laub-rente, gezahlt werden. In dem Fall hätte der Nachbar, der sich gestört fühlte, spätestens innerhalb von fünf Jahren „nach dem Hinauswachsen der Bäume über die gesetzlich zulässige Höhe hinaus“ den jährlichen Zuwachs und die daraus gegebenenfalls folgenden Beeinträchtigungen seines Grundstücks beobachten sollen. In dieser Zeit hätte er sich dafür entscheiden können, den Nachbarn zu verpflichten, die Bäume zurückzuschneiden – anschließend nicht mehr (BGH, V ZR 102/03).

Grüne Siedlung

Zwar kann ein Grundstücksbesitzer von seinem Nachbarn eine Ausgleichszahlung verlangen, wenn von dessen Grundstück „störende Einwirkungen“ ausgehen, die unzumutbar für ihn sind. Auch ein übermäßiger Laubfall durch einen großen Baum, der auf Nachbars Grund und Boden steht, könne dazu zählen. Allerdings kommt es auch immer darauf an, so das Amtsgericht München, wie die örtlichen Gegebenheiten seien. Befinden sich die Hausgrundstücke in einer „durchgrünten“ Siedlung, in der große Bäume das Gesamtbild prägen, so muss ein erhöhtes Laub-, Blüten, Samen- und Ästeaufkommen das ganze Jahr über geduldet werden.

Im konkreten Fall wurden dem „zugelaubten“ Nachbarn die von ihm geforderten 500 Euro jährlich nicht zugesprochen, die er dafür verlangte, „drei bis vier Mal im Jahr die Regenrinnen reinigen“ sowie „zehn bis 15 Tonnen à 80 Liter Laub entsorgen“ zu müssen (Amtsgericht München, 114 C 31118/12).

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