Verkehrsrecht

Bei Unfallflucht droht Fahrverbot

von Redaktion

Von Wolfgang Büser und Maik Heitmann

Es ist nur eine kleine Schramme im Lack, und vom Autobesitzer ist weit und breit nichts zu sehen. Was tun? So mancher Autofahrer glaubt, dass es damit getan ist, schnell einen Zettel mit den wichtigsten Daten des Kratzer-Verursachers unter den Scheibenwischer zu klemmen, um aus dem Schneider zu sein. Doch weit gefehlt: Denn wer jetzt weiterfährt, entfernt sich unerlaubt vom Unfallort. Fahrerflucht ist ein populärer Ausdruck dafür.

Ein solches unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (so die Bezeichnung im Strafgesetzbuch) bedeutet, dass ein Unfallbeteiligter den Ort des Geschehens nicht verlassen darf, bevor er es ermöglicht hat, den anderen Beteiligten oder Geschädigten „die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung am Unfall zu ermöglichen“. Außerdem muss eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet werden, bis jemand diese Feststellungen treffen kann.

Diese Formulierungen im Gesetz lassen Interpretationsspielraum zu. Was bedeutet es, zu ermöglichen, seine Person festzustellen? Oder wie lang ist eine angemessene Wartezeit? Jedenfalls droht dem, der sich unerlaubt entfernt, eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren – oder eine Geldstrafe. Dazu kommen bis zu drei Punkte auf das Konto des Fahreignungsregisters beim Kraftfahrtbundesamt sowie gegebenenfalls der Entzug der Fahrerlaubnis. Von einem Kavaliersdelikt kann man kaum sprechen. Doch oft wird über die Auslegung gestritten. Hier einige Beispiele:

Bußgeld ist kaum zu vermeiden

Entfernt sich ein Autofahrer nach einem Zusammenstoß mit einem parkenden Pkw vom Unfallort, ohne auf den Fahrer des beschädigten Wagens zu warten (sogenannte Unfallflucht), so kann er – wird der Vorgang aktenkundig – mit einem Bußgeld sowie einem Fahrverbot bestraft werden.

Die Bestrafung kann aber milder ausfallen, wenn der Betreffende seit Jahren unbeanstandet gefahren ist und sich kurz nach dem Unfall aus eigenem Antrieb bei der Polizei gemeldet hatte. Hier belegte der Amtsrichter den Mann mit einem Bußgeld in Höhe von 1500 Euro und einem Fahrverbot von sechs Monaten. Das Landgericht Dortmund war zumindest beim Fahrverbot großzügiger: Es setzte die Fahrsperre auf zwei Monate herab (LG Dortmund, 45 Ns 173/12).

Trotz Unfallflucht: Versicherung zahlt

Hat sich ein Autofahrer nach seiner Beteiligung an einem Verkehrsunfall – rechtswidrig – vom Unfallort entfernt, entstehen seiner Versicherung daraus aber keine Nachteile, so darf sie ihn nicht wegen vorsätzlicher Verletzung seiner Aufklärungspflicht in Regress nehmen. Im vom Amtsgericht Dortmund entschiedenen Fall war der Mann beim Einparken in eine Parkbucht gegen ein neben ihm stehendes Fahrzeug gestoßen. Er verließ den Ort des Geschehens, weil er am angestoßenen Pkw keinen Schaden entdeckt hatte. Ein Fußgänger informierte allerdings die Polizei – und der daraus resultierende Ärger nahm seinen Lauf. Weil der Versicherer durch den Polizei-Einsatz aber zeitnah über das Geschehen informiert worden war, sah das Gericht für den Kfz-Haftpflichtversicherer des Übeltäters keinen Grund, die bei ihm wegen seiner Flucht angemeldeten Regressansprüche zu bestätigen (AmG Dortmund, 436 C 5546/13).

Keine Unfallflucht am Betriebsgelände

Wer auf einem abgeschlossenen Betriebsgelände ein Rolltor beschädigt und sich vor der Entdeckung aus dem Staub macht, der kann nicht wegen Unfallflucht bestraft werden, weil sich seine Handlung an dem Vorfall nicht im öffentlichen Verkehrsraum ereignet hat.

Ein solcher ist öffentlich, „wenn er entweder für jedermann ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten oder aber zumindest für eine allgemein bestimmbare größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen und auch so benutzt wird“ (Landgericht Arnsberg, 2 Qs 71/16).

Schaden muss erkennbar sein

Ist ein Autofahrer in einen Graben gerutscht und gegen einen Baum geprallt, so begeht er normalerweise Unfallflucht, wenn er nicht auf die Polizei wartet, oder er zumindest versucht, den Eigentümer des Baumes zu kontaktieren. Das muss aber nicht unbedingt so sein, wenn an dem Baum (trotz Totalschadens am Pkw) keine nennenswerten Schäden eingetreten sind. „Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Gericht aber davon überzeugt, dass die Erkennbarkeit eines Schadens, der ein Ausmaß erreicht, der den Kläger zu weiteren Maßnahmen zur Ermöglichung von Feststellungen hätte veranlassen müssen, im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.“ Die Vollkaskoversicherung wollte wegen der Unfallflucht die Regulierung seines Schadens verweigert – ohne Erfolg (LG Schweinfurt, 22 O 748/15).

Artikel 2 von 6