Schon lange sind Fahrzeuge mit Sensoren gespickt, die etwa Tempo, Bremsverhalten und Füllstände erfassen. Neu ist, dass sie immer mehr kommunizieren. Viele Modelle lassen sich per Bluetooth mit dem Smartphone koppeln, das seinerseits mit dem Internet verbunden ist. Oberklasse- und Elektro-Modelle verfügen oft bereits über einen Mobilfunkanschluss, über den sie sich mit Servern ihrer Hersteller verbinden.
Streamen, Orten und Navigieren
Die Kommunikationsfreudigkeit moderner Autos soll Fahrern Spaß und Komfort bringen: Mit der passenden App streamen sie ihre Lieblingsmusik auf das Autoradio, finden die nächste Werkstatt oder senden eine auf dem Handy gespeicherte Adresse ans Auto-Navi. Fahrzeuge mit eigener Sim-Karte lassen sich zudem aus der Ferne orten, etwa bei Diebstahl. Ihre Besitzer können einzelne Funktionen auch vom Sofa aus steuern, zum Beispiel die Tür verriegeln oder die Standheizung einschalten. Handy und Pkw kommunizieren miteinander online über den Server des Herstellers. Dabei fällt eine Vielzahl von Daten an.
Apps von BMW, VW & Co im Test
Die Stiftung Warentest hat für die Oktober-Ausgabe der Zeitschrift „Test“ 13 Automobilhersteller ausführlich zu ihrem Umgang mit Daten befragt – und zwar: Audi, BMW, Fiat, Hyundai, Mercedes-Benz, Opel, Peugeot, Renault, Seat, Skoda, Tesla, Toyota und VW. Zudem prüfte die Stiftung, was die Handy-Apps genau versenden. Die Tester haben die gesendeten Daten von den Apps der Autobauer ausgelesen. Sie prüften sowohl für die Android- als auch für die iOS-Version der jeweiligen App, was sie wohin sendet, wenn Nutzer sie mit dem Auto verbinden oder sie daheim abseits des Pkw starten. Außerdem ermittelten die Tester, ob die Autohersteller Nutzer hinreichend darüber informieren, welche Daten die Apps verschicken und was damit geschieht. Zusätzlich wurden die von Werkstätten genutzten Fehlerspeicher der Autos ausgelesen und geprüft, ob diese sensible Daten wie den Standort erfassen.
Datenschutz bleibt auf der Strecke
Das Fazit der Untersuchung sei ernüchternd, heißt es bei der Stiftung Warentest. „Der Datenschutz bleibt bei allen Herstellern mehr oder weniger auf der Strecke. Unsere Fragen beantwortete nur einer der Autobauer (Daimler). Alle Apps sendeten mehr Daten als nötig. Der Nutzer erfährt davon wenig. Klare, verständliche Datenschutzerklärungen liegen für keine der Apps vor. Selbst auf Nachfrage gibt die Branche, die so fleißig Daten sammelt, wenig über den Umgang mit ihnen preis.“
Laut Bundesdatenschutzgesetz und Telemediengesetz dürfen personenbezogene Daten nur erhoben werden, wenn die Person eingewilligt hat. Sie muss über die Datensammelei umfassend aufgeklärt werden. „Das geschieht bei den Apps aber nicht“, so „Test“. Die Prüfung des Datensendeverhaltens im Test ergab deshalb, dass alle Apps als kritisch einzustufen sind. Die meisten übermitteln nicht nur den Namen des Nutzers, sondern auch die Identifikationsnummer seines Fahrzeugs (FIN), vielen vermutlich eher unter dem Vorgängernamen Fahrgestellnummer bekannt. Mit der FIN lässt sich der Erstkäufer des Autos ermitteln. „Besser wäre es etwa, die Apps würden für die Zuordnung zum Auto einen zufälligen Code generieren“, so der Vorschlag der Tester.
Wer eine App nutzt, sollte auf jeden Fall einen Blick ins Kleingedruckte werfen: Der Elektroauto-Vorreiter Tesla kann demnach beispielsweise auch per Fernzugriff Daten zum Fahrstil und Videomaterial von Fahrzeugkameras sammeln und sogar mit Informationen von Dritten, wie Marketingfirmen, Werkstätten oder Datenbanken ergänzen. Andere Anbieter, so „Test“, sammeln auch Informationen über das Handy.
Google und Apple wissen Bescheid
Außerdem bedenklich: Die meisten Apps senden laut „Test“ direkt nach dem Start den Standort an Google oder Apple – teilweise an weitere Stellen. Und das unabhängig davon, ob der Nutzer navigiert oder nur Musik hört, ob er im Auto oder in der Küche sitzt. Selbst Anwendungen, die kaum Funktionen haben, bespitzeln Nutzer. Eine App schickt Infos sogar unverschlüsselt.
Die Stiftung Warentest gibt zu bedenken: Einige der Daten mögen für sich genommen harmlos erscheinen, doch ihre Übertragung widerspricht dem Grundsatz der Datensparsamkeit. Apps sollten nur solche Infos erheben, die für ihre Funktion nötig sind. Je mehr Details über einen Nutzer vorliegen, desto präzisere Profile lassen sich daraus erstellen. Der Autofahrer wird zum gläsernen Nutzer.