Debatte um Brennerbasistunnel

von Redaktion

Zur Berichterstattung über den Brennerbasistunnel (Bayern-, Regional- und Lokalteil) sowie zu Leserbriefen:

Die „Vision Südtirol“ wird eine Vision bleiben! Was Herr Ausserdorfer, einer der Propagandisten der Bahn, zum Thema Brenner-Südzulauf von sich gegeben hat, ist blanker Unsinn. Am Brenner-Südzulauf wird nicht „voller Energie“ gearbeitet, sondern überhaupt nicht. Kein einziger Meter ist dort im Bau, außer dem Abschnitt Franzensfeste-Waidbruck gibt es nicht einmal abgeschlossene Planungen. Finanzierung? Steht in den Sternen. Der absolute Gipfel des Unsinns ist aber die Aussage zu den Baukosten des Südzulaufs: Die 189 Kilometer vom Brennertunnel bis Verona sollen weitgehend in Tunnels verlaufen und insgesamt fünf Milliarden Euro kosten. Zum Vergleich: Die 64 Kilometer des Brennerbasistunnels werden zehn Milliarden Euro kosten. Da hat sich der Herr Ausserdorfer wohl auf seinem Taschenrechner sauber vertippt. Das eigentlich Schlimme an dem Artikel ist aber, dass das OVB solche Aussagen der Bahn oder aus dem Umfeld der Bahn ungeprüft und unkommentiert übernimmt.

Dieter Eberle

Rosenheim

In dem (miserablen) Gutachten des Verkehrsministeriums, mit dem Scheuer hausieren geht, ist von bis zu 558 Zügen die Rede, die im Inntal durch müssen. Nachdem ein Gleispaar maximal 320 Züge Kapazität hat, braucht es nach dieser Darstellung zwei Gleispaare. So weit bekannt. Mir fehlt in dieser Brenner-Diskussion aber der folgende interessante Punkt: Wir diskutieren immer nur übers Inntal, aber wie kommen die 558 Züge von München raus (abgesehen von den 30 von Salzburg her)? Da gibt es bis Grafing zwei Gleispaare, aber das eine Paar ist belegt allein von der S-Bahn plus acht Züge nach Wasserburg. Mehr geht bei dem Stop-and-go auch gar nicht. Wie heute im Inntal bleibt dann nur noch ein Gleispaar für die Scheuerschen bis zu 558 (minus 30) Zügen plus, das kommt noch hinzu, 140 Züge (laut Scheuer-Studie) nach Salzburg. Wenn man im Inntal zwei zusätzliche Gleise braucht, dann doch erst recht auf der Strecke München – Rosenheim. Wegen des Salzburg-Verkehrs (sind dann ja mehr als zweimal 320 Züge auf dieser Strecke) vielleicht sogar vier zusätzliche Gleise.

Von Grafing bis Rosenheim gibt es zwar vage Bahn-Planungen, aber bis Grafing: dazu, und das finde ich seltsam, gibt es von der Bahn keinerlei Aussagen. Bei einem mehrfachen E-Mail-Wechsel mit dem „Projektteam Brenner-Nordzulauf“ erfuhr ich nur, dass die Bahn erst „ab 2020“ beginnt, über die Strecke München – Grafing nachzudenken, und dass sie die hier dargestellten Überlegungen heute „nicht seriös“ kommentieren könne, und an „Spekulationen“ zu diesem Thema wolle sie sich auch nicht beteiligen. Irgendwas stimmt da überhaupt nicht: Im Inntal vier Gleise notwendig, und für München – Grafing passt es schon so.

Franz Garnreiter

Rosenheim

Fakt ist, dass neue Trassen eine Belastung vieler Betroffener und der Natur des Inntals bedeuten. Fakt ist aber auch, dass der Lkw-BrennerTransit dauerhaft verringert werden muss. Dies soll durch eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene erfolgen. Soweit ist man sich einig. Will man dann den Sachverhalt selbst nachvollziehen, kommt man nicht umhin, sich mit der Situation des alpenüberquerenden Güterverkehrs insgesamt näher zu beschäftigen. Informationen dazu erhält man von den Bürgerinitiativen und dem Planungsteam der Bahnen. Dass sich die Schlussfolgerungen widersprechen, ist zwar irritierend, aber nicht überraschend, weil beide Seiten „ihren“ Standpunkt mit „ihren“ Fakten belegen. Sind dies nun alternative Fakten – sprich: beide Seiten haben recht oder sind manche Fakten falsch und andere richtig? Zunächst ist festzustellen, dass es sich nicht um Fakten, sondern um Argumente handelt, die auf Annahmen für eine zukünftige Entwicklung basieren. Die Unsicherheit darin lässt Raum für verschiedene Lösungsansätze, deren Pro und Kontra gegeneinander abzuwägen sind. Die Entscheidung ist deshalb zu Recht eine politische und keine der Bahnen. Die Entscheidung trifft der Bundestag; ein Volks- oder Bürgerentscheid nach bayerischem Recht ist ausgeschlossen. Man sollte künftig alle Kraft verwenden und den angebotenen Dialog aktiv nutzen, um den Schaden für die Region so gering wie möglich zu halten, zum Beispiel eine Änderung des Bundesverkehrswegeplans zu erreichen, indem man alternativ zur Neubautrasse prüft, ob man nicht nur eine, sondern mehrere geeignete Bestandsstrecken in Südostbayern für den Nordzulauf ertüchtigen könnte, die dann jeweils Teile des vorgesehenen Güterverkehrszuwachses auf der Schiene übernehmen könnten.

Manfred Kreibig

Pocking

Herr Gurgiser aus Vomp, ein vom Straßen- und Schienenverkehr betroffener Tiroler, hat den Begriff „Generationenverrat“ geprägt, weil die Belastung der Bevölkerung schon heute durch verkehrspolitische Maßnahmen vermindert werden muss und nicht erst Jahrzehnte später. Seines Erachtens wird uns mit sinnlosen Dialogverfahren Sand in die Augen gestreut, der Brennerbasistunnel aber wird keine Entlastung bringen. Er könnte recht behalten: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung fährt auf der neuen Schnellbahntrasse München – Berlin statt der geplanten 70 Güterzüge pro Richtung kein einziger. Auch hier wurden (wie 2015 in einer Studie der IHK und unlängst in Herrn Scheuers Szenarien) die Prognosezahlen und die Wirtschaftlichkeit im Güterverkehr schöngerechnet, um vom Bund Milliarden an Steuergeldern lockerzumachen. Die IHK ging medienwirksam mit einem Positionspapier an die Presse, um gemeinsam mit dem Vorstand der BBT SE und dem Projektleiter der DB Netz Druck zu machen. EU-Mittel (also Steuergelder) sollen die angeblich alternativlose Neubaustrecke preisgünstig erscheinen lassen wie ein Sonderangebot, Motto: Da wäre man ja blöd, wenn man das nicht mitnehmen würde! Herr Lederwascher, Bürgermeister von Flintsbach, unterstützt diese Allianz und reimt: „Tirol baut, Bayern schaut“.

Die Beteiligten lieben offenbar die Dichtung, die Wahrheit aber ist: Der stellvertretende IHK-Vorsitzende und Spediteur ist größter Gewerbesteuerzahler der Gemeinde Flintsbach und erhofft sich Profit durch den Betrieb von Verladeterminals und geringere Transportkosten auf der Schiene. Womit wir wieder beim zweifelhaften Verlagerungspotenzial wären. Herr Gurgiser nennt es schlicht „Verlagerungslüge“!

Dr. Frieder Storandt

Neubeuern

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