Zum Artikel „NATO wird 70 – und ringt mit sich“ (Politikteil):
Es ist das gute Recht eines jeden 70-Jährigen, in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen. Sollte das nicht auch für die NATO gelten? US-Präsident Donald Trump hat sie einmal als „obsolet“ bezeichnet und wusste vielleicht gar nicht, wie recht er damit – gerade aus europäischer Sicht gesehen – hatte. Für uns ist die NATO heute zu einem Bündnis geworden, das uns nur noch vor Gefahren schützt, die sie selbst heraufbeschworen hat.
An der „russischen Bedrohung“, die in diesem Zusammenhang so gern ins Feld geführt wird, ist der Westen zu einem Gutteil selbst schuld. Man denke an die NATO-Osterweiterung bis an die Grenze Russlands, die von der anderen Seite als Bedrohung empfunden werden muss, die Aufstellung von Raketenabwehrsystemen in Ostmitteleuropa, die „Farbrevolutionen“ vor den Toren Russlands und die finanzielle, moralische und logistische Unterstützung für den Putsch in der Ukraine. Zunächst einmal wäre zu wünschen, dass möglichst viele europäische NATO-Mitglieder das Zwei-Prozent-Ziel bei den Rüstungsausgaben nicht zu ernst nehmen.
Anstatt wieder mal den Rüstungsetat aufzustocken, könnte man beispielsweise mehr Geld in Entwicklungszusammenarbeit investieren. Das wäre ein echter Beitrag zur Friedenssicherung. Sofort raus aus der NATO – das wäre wünschenswert, ist aber angesichts der weltpolitischen Lage vermutlich unrealistisch. Anstatt dessen sollte die Bundesregierung zusammen mit europäischen Partnern, die gleichgerichtete Interessen verfolgen, versuchen, sich etwas mehr Bewegungsfreiheit gegenüber den USA zu verschaffen und gleichzeitig die Beziehungen zu Russland zu verbessern.
Unter Willy Brandt war doch in dieser Hinsicht auch so einiges möglich!
Bernhard Edlmann
Raubling