Lösungsansätze gehen nicht weit genug

von Redaktion

Leserbrief zur „Tierarzt – ein Beruf im dramatischen Wandel, Sorgen um Nachwuchs“ (Themenseite):

In diesem Artikel werden die Nachwuchssorgen in der Tiermedizin, die vorrangig für Land- und Nutztierpraxen gelten und tatsächlich dramatische Ausmaße annehmen, lediglich am hohen Frauenanteil und der veränderten Arbeitsmoral – besser gesagt der Arbeitszeitmoral – der tiermedizinischen Studienabgänger festgemacht. Die Lösungsansätze des Herrn Dr. Moder, Präsident des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte, sind Abschaffen des Numerus clausus, Aufklärung des romantischen Tierarztbildes, Praktika und Auswahlgespräche vor dem Studium und die Wiedereinführung der Studiengebühren. Da muss ich intervenieren!

Mir, die ich die letzten vier Jahre zu 80 Prozent meiner Arbeitszeit als Rindertierärztin tätig war, fehlt hier der Aspekt, wie sich die Arbeitsweise in der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten verändert hat, welche moralischen Konflikte ein Arbeiten in der Landwirtschaft aufwirft und warum nur noch so wenige junge Männer Tiermedizin studieren.

Die Betriebe werden subventionsbedingt immer größer und Maschinen wie Melkroboter oder Pedometer zunehmend eingesetzt. Die Vergütung tierischer Lebensmittel ist beschämend. Dadurch verliert das Einzeltier zunehmend an Wert. Das Tierschutzgesetz wird, siehe Ferkelkastration, Anbindehaltung oder Lebendtiertransporte über weite Strecken, nicht umgesetzt. Dass nun junge, gebildete Menschen, die aus Faszination für Natur und Tiere Tiermedizin studiert haben, nicht mit moralischen Konflikten ihre Arbeit machen wollen, sollte bedacht werden. Die Empfehlung des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte für das Einstiegsgehalt für angestellte Tierärzte liegt bei 2420 Euro – nach elf Semestern Studium. Ist hier vielleicht das Argument, warum junge Männer nicht Tierärzte werden wollen und nur noch Idealisten dieses Studium absolvieren?

Carolin Skomorowski

Prien

Artikel 12 von 12