„Die schärferen Lkw-Verbote sind EU-rechtswidrig“

von Redaktion

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Seit Ende 2016 dürfen auf der Inntalautobahn bestimmte Waren nur noch mit Lkw der Abgasnorm „Euro 6“ transportiert werden. Tirol hat dieses „Sektorale Fahrverbot“ nun verschärft. Ab 2020 trifft es weitere Sektoren, also Branchen, wie Papier und Pappe, Getreide oder Rohre. Zudem müssen Lkw über 7,5 Tonnen der Abgasnorm „Euro 6 D“ genügen, also nach dem 31. August 2018 zugelassen worden sein. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, fordert die EU zum Eingreifen auf.

Was bedeutet die Verschärfung für die betroffenen Branchen?

Die betroffenen Sektoren sind absolut blockiert. Das verschärfte sektorale Fahrverbot ist aus unserer Sicht EU-rechtswidrig, und es bestehen derzeit auch keinerlei Ausweichmöglichkeiten.

Warum macht Tirol das? Und warum gerade Papier oder Getreide?

Es sind Sektoren rausgesucht worden, die es nachhaltig trifft. Die Frage nach dem Warum müsste man unseren Tiroler Freunden stellen. Deren politische Erwägungen kann ich nicht mehr nachvollziehen. Wir hatten ja die Ausnahme vom Nachtfahrverbot und für Euro-6-Motoren, was ein wesentliches Argument gegenüber der EU-Kommission war, als Tirol sektorale Fahrverbote eingeführt hat. Wenn diese Ausnahme nun aufgehoben wird, ist das ein Verstoß gegen diese Vereinbarung.

Euro-6D-Lkw dürften aber weiterhin fahren.

Das ist doch ein Scheinargument. Jeder weiß, dass diese Fahrzeuge noch nicht ausreichend verfügbar sein können. Das ist deshalb nicht richtig. Tirol veröffentlicht auch nicht, dass die Schadstoffbelastung gesunken ist. Auf der Inntalautobahn zum Beispiel ist der Anteil des Lkw-Verkehrs am Schadstoffausstoß von 46 Prozent im Jahr 2015 auf heute 35 Prozent gesunken. Unsere Tiroler Freunde müssen sich EU-konform verhalten. Der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr ist ein wesentliches Element unseres Binnenmarkts.

Ist die Schiene eine ausreichende Alternative?

Nein, zum aktuellen Zeitpunkt nicht. Das Ganze wird sich sicher verändern, wenn der Brenner-Basistunnel einmal gebaut ist. Aber wir reden jetzt von 2020, bis dahin ist realistisch keine Alternative vorhanden.

Und wenn die Verschärfung doch kommt?

Die bayerische Wirtschaft ist auf Wertschöpfungsketten ausgerichtet. Die italienischen Unternehmen etwa sind wichtige Partner. Wir müssten also andere Transportwege finden, die ich derzeit aber nicht sehe. Insofern erwarten wir von der EU, dass dieses scharfe Fahrverbot unterbunden wird.

Interview: Wolfgang Hauskrecht

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