„Hier geht es um Leben“

von Redaktion

Dominik Müller organisiert Touren auf den Mount Everest und fordert schärfere Regeln vor allem auf der nepalesischen Südroute

München – Dominik Müller ist Chef von „AMICAL alpin“ in Oberstdorf im Oberallgäu, dem einzigen deutschen Veranstalter, der Touren zum Mount Everest anbietet. Die nächste Tour ist 2020 geplant. „Das Höhenbergsteigen ist in der Gesellschaft angekommen“, sagt Müller. Und viele hätten das nötige Geld.

20 Routen gibt es auf den höchsten Berg der Welt. Aber nur zwei sind massentauglich: die Nordroute über Tibet und die Südroute von Nepal aus. Die Südroute ist es, die derzeit im Fokus steht. Zehn Menschen starben hier, auf der Nordroute war es einer. Herzinfarkt. „Das war einfach Pech“, sagt Müller. Der Profibergführer war selbst schon auf dem Everest. Auch 2020 will er bis zum Gipfel mitgehen – über die Nordroute. Denn was in Nepal abgeht, ist auch ihm nicht ganz geheuer. „Es sind immer mehr Leute unterwegs, denen die technischen Fähigkeiten fehlen.“ Grundsätzlich, sagt er, könne schon jeder den Everest besteigen. Aber eben nur, wenn er körperlich fit und entsprechend vorbereitet sei. „Entscheidend ist: Warst du schon mal in größerer Höhe, kennst du deinen Körper, weißt du, mit welcher Nahrung du Leistung bringen kannst? Wir sind dort in einer lebensfeindlichen Umgebung.“ Schon der Toilettengang bei 40 Grad minus sei eine Herausforderung. Ein Problem sind laut Müller schlechte Veranstalter. „Viele Einheimische sprechen sich ab. Dann gehen mehrere Veranstalter am selben Tag. Man geht nicht mehr antizyklisch – und das wird in der Summe schnell gefährlich.“

Müller wählt seine Teilnehmer genau aus. Es gebe viele Gespräche, auch das Thema Tod komme auf den Tisch, sagt Müller. Finden sich nicht genug geeignete Teilnehmer, werde die Expedition abgesagt. „Das ist zwar schlecht fürs Geschäft, aber hier geht es um Leben. Dieser Verantwortung muss man sich als Bergführer bewusst sein.“

Müller geht über Tibet. Dort gibt es klare Regeln. Maximal 300 Genehmigungen werden erteilt, jeder muss einen Sherpa haben. „Die Chinesen wollen das Risiko gering halten.“ In Nepal gibt es keine Beschränkungen. Viele Arbeitsplätze hängen dort am Everest, vom Hotel bis zum Sherpa. Das bringe die Regierung unter Zugzwang.

So treibt das Everest-Event bunte Blüten. Die Basislager, sagt Müller, würden immer komfortabler. „Es gibt Premium-Veranstalter, die fliegen Kunden bei schlechtem Wetter ins Fünf-Sterne-Hotel und dann wieder ins Basislager. Das verleitet Leute mit Geld zu sagen, das kann ich auch. Das ist ja ganz gechillt hier.“

Den Berg zumachen, das will Müller nicht. Er ist für schärfere Regeln. „In Tibet geht das in die richtige Richtung. Aber es muss noch weitergehen. Dass man Erlaubnisse nur noch an Leute vergibt, die schon auf einem Siebentausender waren und nicht an Leute, die erst im Basislager lernen, ein Steigeisen anzulegen. Oder am Berg den Helm verkehrt herum anhaben.“ Viele kämen als Anfänger zum Mount Everest. „Die haben Zeit und das Geld, aber nicht das Können. Das muss man mehr hinterfragen. Das sind die, die dann alle anderen in Gefahr bringen.“ So oder so, wer auf den Gipfel des Everest will, riskiert immer sein Leben. Müller: „Wir können das Risiko nicht auf Null drücken.“ W. HAUSKRECHT

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