München – Elektro-Tretroller, sogenannte E-Scooter, sind wendig, klein und leicht zu transportieren. In Deutschland darf man mit den meisten Modellen aber noch nicht im öffentlichen Raum fahren. Lediglich 7000 E-Scooter der Firmen Metz und BMW dürfen bisher legal herumdüsen. Die Firmen hatten eine Ausnahmegenehmigung beantragt – und bekommen. Nun will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bestimmte E-Scooter generell zulassen. In anderen Ländern wie Österreich oder Schweden sind E-Scooter schon länger unterwegs. „In Deutschland ist noch nicht endgültig geklärt, in welche Fahrzeugklasse die Tretroller mit Batterie fallen“, sagt Verkehrsexperte Alexander Kreipl vom ADAC München. Wir beantworten alle wichtigen Fragen rund um das neuartige Gefährt.
Was sind E-Scooter?
E-Scooter sind motorisierte Tretroller. Die Roller erreichen je nach Modell Geschwindigkeiten zwischen sechs und 80 Stundenkilometern. Die Akkus werden per Haushaltssteckdose aufgeladen. Mit einer Stromladung können die Scooter, die nun zugelassen werden sollen, bis zu 25 Kilometer zurücklegen.
Was genau muss das Bundesverkehrsministerium neu regeln?
Es geht um die Straßenzulassung als Elektrokleinstfahrzeuge. Bisher gelten die motorisierten Tretroller als Spielgerät und dürfen nur auf Privatgrundstücken gefahren werden. Der ADAC begrüßt die neue Verordnung: „Sie ist wichtig, denn wir müssen bei dem Thema Klarheit schaffen“, sagt Alexander Kreipl.
Welche E-Scooter werden mit der neuen Verordnung im Straßenverkehr zugelassen?
Es geht um zwei Geschwindigkeitsklassen: E-Scooter, die bis zu zwölf Stundenkilometer fahren und solche, die 20 Stundenkilometer schaffen. Es gibt auch Modelle, die deutlich schneller werden. Sie dürfen auch nach der neuen Verordnung nicht auf deutschen Straßen fahren. Für den deutschen Markt ist zu erwarten, dass Hersteller Modelle, die zum Beispiel 25 Stundenkilometer draufhaben, herunterdrosseln.
Wann sollen die neuen Regeln in Kraft treten?
„Die Bundesregierung hat am 3. April eine entsprechende Verordnung beschlossen“, sagt ADAC-Experte Kreipl. Am 17. Mai muss noch der Bundesrat zustimmen. Dann könnte es schnell gehen.
Wer darf die Roller fahren?
Geplant ist, dass für E-Scooter kein Führerschein nötig ist. Für Fahrzeuge bis 12 km/h beträgt das Mindestalter zwölf Jahre. Für E-Scooter, die bis bis zu 20 km/h schnell sind, soll es bei 14 Jahren liegen.
Müssen E-Scooter-Fahrer Schutzkleidung tragen?
„Meines Wissens gibt es keine Regelungen und es ist auch aktuell nichts vorgesehen“, sagt der ADAC-Experte. In Deutschland gilt Helmpflicht für Kraftfahrzeuge erst ab möglichen Geschwindigkeiten über 20 km/h. Kreipl betont dennoch: „Wer mit dem Roller unterwegs ist, sollte freiwillig einen Helm tragen, genauso wie beim Radfahren.“
Brauchen E-Scooter Licht?
Da sind die Roller von den Regelungen her mit Fahrrädern gleichgesetzt. Beleuchtung muss vorhanden sein: mittels Aufsteckleuchten oder fest verbaut. Kreipl empfiehlt: „Wer sich ein Modell zulegt, sollte darauf achten, dass es gut beleuchtet ist.“
Sind E-Scooter eine Alternative zum Auto?
„Sie können auf kurzen Distanzen eine Alternative sein und man kann hoffen, dass damit die ein oder andere Autofahrt vermieden wird“, sagt Kreipl. Dass E-Scooter einen spürbaren Beitrag für sauberere Luft in Innenstädten leisten, glaubt Kreipl aber nicht.
Wo dürfen die E-Tretroller gefahren werden?
„Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von 12 km/h dürfen dem Entwurf zufolge auf Gehwegen und in Fußgängerzonen fahren“, sagt Kreipl, Gebe es keinen Gehweg, dürfen Radwege benutzt werden. Gibt es auch eine solchen nicht, darf man mit dem E-Scooter auf die Straße. Außerorts sind Straßen für die langsamen E-Scooter allerdings tabu. Für den Lenker gilt: Er muss die Fußgängerampel beachten. Elektroroller, die mehr als zwölf Stundenkilometer schaffen, dürfen inner- und außerorts nur auf Radwegen und Radfahrstreifen fahren, nicht auf Gehwegen. Gibt es keinen Radweg, darf man auf die Straße ausweichen – auch außerorts. Die Signale der Fahrradampeln sind zu beachten. Wo Fahrradampeln fehlen, gelten die Ampeln für den fließenden Verkehr.
Darf man mit E-Scootern auf die Landstraße?
Wie gesagt: Das hängt vom E-Scooter ab. Nur E-Tretroller, die schneller als zwölf Stundenkilometer fahren, dürfen außerorts auf die Straße – wenn es keinen Radweg gibt. „Aber das würde ich nicht empfehlen“, sagt Kreipl. Die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Scooter und Auto auf der Landstraße seien zu groß und Scooter-Fahrer schwer erkennbar. „Aus Gründen der Verkehrssicherheit haben die Roller auf der Landstraße nichts zu suchen.“
Welche Promillegrenze gilt auf E-Scootern?
„Der Entwurf des Verkehrsministeriums behandelt die E-Scooter wie Kraftfahrzeuge“, sagt Kreipl. Das bedeutet, es gelten die selben Alkoholgrenzen wie beim Auto, also 0,5 Promille – solange man keinen Unfall baut. Dann kann es auch schon ab 0,3 Promille unangenehm werden. Motorisierte Fahrräder, also Pedelecs, erreichen zwar höhere Geschwindigkeiten als E-Scooter, für Pedelecs gilt aber die Promillegrenze für Radfahrer. Radfahrer sind ab 1,6 Promille fahruntüchtig, Wer auffällig radelt oder einen Unfall baut, kann aber auch schon mit weniger Promille bestraft werden. Drogen sind ohnehin tabu.
Sind E-Scooter sicher?
Baulich sind E-Scooter stabile Fahrzeuge. Die kleinen Räder können aber zur Stolperfalle werden, etwa, wenn man Bordsteine erklimmen will. „Auf unebenen Wegen oder wenn noch Steine und Kiesel liegen, muss man auch aufpassen. Da kann man schnell mal wegrutschen“, sagt Kreipl. Der Experte empfiehlt zudem, sich mit dem Bremsverhalten der Scooter vertraut zu machen und zu testen, wie der Roller bei einer Notbremsung reagiert.
Drohen neue Konflikte auf den Straßen?
„Man wird sehen, wie sich das in der Praxis verhält“, sagt Kreipl. Die E-Tretroller könnten zu Konflikten vor allem mit Fußgängern und Radfahrern führen. Denn die haben noch keine Erfahrung mit den wendigen Flitzern. „Das könnte zu ähnlichen Situationen wie mit E-Bikes und Pedelecs führen“, sagt Kreipl. „Nämlich, dass deren Geschwindigkeit grandios unterschätzt wird.“
Sind E-Scooter ein Stadtgefährt oder auch fürs Landleben interessant?
Die geringe Reichweite von 15 bis 25 Kilometern, je nach Gewicht des Fahrers und Steigungen, schränkt die Nutzung außerhalb der Stadt stark ein. „Innerhalb größerer Gemeinden kann man sich sicherlich gut damit bewegen“, sagt Kreipl.
In Spanien wurden die Regeln für E-Scooter verschärft. Kann das auch in Deutschland passieren?
Spaniens Hauptstadt Madrid vergibt nur noch maximal 10 000 Lizenzen für E-Scooter – weil die Stadt von Miet-Tretrollern überschwemmt wurde. Außerdem dürfen die Scooter seit Januar nicht mehr auf Bürgersteigen, vielen Straßen oder auf Busspuren fahren. Erlaubt sind sie noch auf Radwegen und teilweise in 30er-Zonen. „Eine wissenschaftliche Begleitung der neuen Verkehrslage im Auftrag des Ministeriums ist unverzichtbar“, sagt Kreipl. Sobald die neue Regelung in Kraft trete, müsse untersucht werden, wie sich die Situation mit den E-Scootern entwickle. Kreipl: „Es kommt aber auch darauf an, dass die Verkehrsteilnehmer sich gegenseitig mit Respekt behandeln. Dann funktioniert das Miteinander. Leider wissen wir, dass das nicht immer der Fall ist.“ NORA LINNERUD