„Wir Lehrer müssen Vorbild sein“

von Redaktion

5 FRAGEN AN

Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), leitete bis 2015 die Grund- und Mittelschule in Poing (Landkreis Ebersberg). Im Interview erklärt sie, warum von Hand schreiben für Kinder so wichtig ist.

Heutzutage wird viel am Computer geschrieben. Warum sollen Kinder dennoch von Hand schreiben lernen?

Mit der Hand schreiben macht schlau. Wie die neurowissenschaftliche Forschung zeigt, besteht ein enger Zusammenhang zwischen kognitiver und motorischer Entwicklung. In dem Moment, in dem man selbst produziert, also schreibt, wird das Wissen im Gedächtnis verankert. Das funktioniert besser, wenn man mit der Hand schreibt als am Computer. Das eher Langsame, Handelnde beim Schreiben der einzelnen Buchstaben ist ein höherer Garant dafür, dass man das Geschriebene auch behält.

Wie lässt sich das an Schüler vermitteln?

Man muss es für sie erfahrbar machen. Kinder und Jugendliche merken meist selbst, dass sie etwas besser behalten können, wenn sie es eigenhändig schriftlich festhalten. Es wird dadurch einprägsamer. Aber wir Lehrer müssen natürlich auch motivieren und Vorbild sein. Viele arbeiten heute mit dem Beamer statt einem Tafelanschrieb. Wenn wir von den Schülern aber eine schöne Handschrift einfordern, müssen wir im Gegenzug im Unterricht auch schöne Tafelbilder produzieren.

Fällt es Schülern heute schwerer, längere Texte von Hand zu schreiben?

Wir Lehrer merken schon, dass die Lesbarkeit und das Schreibtempo teilweise dramatisch abnehmen. Aber das ist nur logisch. Die Schüler schreiben ja auch privat weniger.

Woran liegt das?

Zum Beispiel bei einer WhatsApp nutzen viele die Diktierfunktion oder schreiben nur die ersten drei Buchstaben, der Rest wird von der Autovervollständigung ergänzt. Daher wird inzwischen auch heiß diskutiert, ob man Abiturprüfungen künftig nicht am Computer schreiben lassen soll. Weil Schüler es einfach nicht mehr durchhalten, 18 Seiten am Stück von Hand zu verfassen.

Was heißt das für die Schule?

Wir müssen im digitalen Zeitalter parallel die Handschrift trainieren.

Interview: Katja Brenner

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