Dr. Sommer soll das Bamf umkrempeln

von Redaktion

In Asylfragen ein harter Hund: Bayerischer Ministerialbeamter wird Chef der kriselnden obersten Flüchtlingsbehörde

München – Als Hans-Eckhard Sommer dieser Tage bei seinem künftigen Chef Horst Seehofer zum Vorstellungsgespräch saß, erlaubte er sich einen heiklen Scherz. Er habe echt Interesse an der Stelle, aber müsse jetzt erst mal seine Frau fragen. Dazu muss man wissen: Bei Seehofer kommen bei dieser Formel ungute Erinnerungen ans Frühjahr 2011 hoch, als er einen Bundesminister für Berlin suchte und ein Kandidat nach dem anderen absagte mit der Begründung, die Ehefrau sei nicht einverstanden. Seehofer ärgerte sich monatelang grün und blau. Diesmal ist es halb so wild: Frau Sommer ist einverstanden. Ihr Mann bekommt den Posten als Chef des Migrations-Bundesamts Bamf.

Für Sommer, Jahrgang 1961, ist es ein ungewöhnlicher Karriereschritt vom leitenden Fachbeamten im bayerischen Innenministerium ins bundesweite Rampenlicht als Bamf-Boss. Mit Asyl-Themen ist er zwar seit Jahren bis in die kleinsten Details befasst, die Behörden-Leitung im Mittelpunkt eines politischen Orkans ist aber schon noch eine andere Aufgabe. Zumal er nicht auf eine Schonfrist hoffen darf: Die Affäre um 1200 womöglich zu Unrecht ausgestellte Asylbescheide, unzureichend ausgebildete Bamf-Mitarbeiter, Berge unbearbeiteter Asyl-Anträge – die Herausforderungen sind gewaltig.

Sommer, promovierter Jurist und seit 1995 Mitglied der Münchner CSU, gilt in Asylfragen als harter Hund. Schon 2014 kritisierte er im Landtag die „Asylsozialpolitik“ der Staatsregierung. 2017 forderte er vor dem Bundestag, abgelehnte Asylbewerber konsequent abzuschieben und effektiver gegen Extremisten vorzugehen. Als Bamf-Chef, heißt es, wolle er beides tun.

Hinzu kommt, dass Sommer als Sachbereichsleiter maßgeblich für das umstrittene Arbeitsverbot für Flüchtlinge mit geringen Bleibechancen verantwortlich ist. Der Bayerische Flüchtlingsrat kommentiert seine Berufung erwartbar scharf: Sommer sei „Hauptarchitekt der menschenfeindlichen bayerischen Asylabschreckungspolitik“ und überdies „zu keinen Kompromissen bereit“. Der Vorsitzende des Bamf-Gesamtpersonalrats, Rudolf Scheinost, lobt Sommer dagegen als einen Mann, der „Asyl und Behörde kann“. Er erwarte von ihm, eine „Entschleunigung der Asylverfahren hin zu Qualität“ und hoffe, dass er die Bamf-Mitarbeiter „wieder mitnehmen und motivieren“ kann.

Gut drei Jahre ist es her, da wollte Sommer noch etwas mehr als „Asyl und Behörde“: Er bewarb sich als Landrat des Kreises Ravensburg in Baden-Württemberg. Kontakte zur dortigen CDU habe er noch aus seiner Zeit als Büroleiter von Edmund Stoiber, sagte er damals. Aus dem Seitenwechsel wurde trotzdem nichts. Er zog seine Kandidatur kurz vor der Wahl zurück, angeblich wegen schlechter Erfolgsaussichten.

Nun also eine Beförderung, die – so heißt es aus dem Kabinett – für ihn eh eingeplant war. Er sollte das neue Landesamt für Asyl und Rückführungen in Bayern leiten, das in wenigen Wochen noch kurz vor der Landtagswahl aus der Taufe gehoben wird. „Ich bin nicht begeistert“, sagt Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf Nachfrage über den Umzug seines Beamten, aber Sommer sei mit seiner hohen Fachkompetenz für das Bamf zweifellos eine sehr gute Lösung. „Sommer ist deutschlandweit einer der erfahrensten Mitarbeiter bei diesem Thema.“ C. Deutschländer und M. Mäckler

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