Muharrem Ince, 54, eint zumindest eine Eigenschaft mit Recep Tayyip Erdogan: Mit seinen Reden kann er die Massen begeistern. Ince tritt für die größte Oppositionspartei CHP an. Seine Mitte-Links-Partei versteht sich als Bewahrer des Erbes des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk, bis zur Kandidatur Inces kam sie aber kraftlos und verstaubt daher. Seit 2002 sitzt der frühere Physiklehrer und Schuldirektor für die CHP im Parlament in Ankara. Der Sozialdemokrat betonte kürzlich erst wieder, dass eine EU-Mitgliedschaft der Türkei ganz oben auf seiner Agenda stehe.
Die 61-Jährige hat die IYI-Partei („Gute Partei“) erst im Oktober gegründet und steht als einzige Frau zur Wahl. Obwohl sie sich selbst als strenge Muslima und Nationalistin „mit einer konservativen Seite“ bezeichnet, verbinden viele Türken die ehemalige Innenministerin nach dem Konflikt mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK Ende der 1990er mit dem ultra-nationalistischen Lager. Da die Medien Akseners Wahlkampf weitgehend ignorieren, schaltet sie Anzeigen bei Google.
Der Kandidat der pro-kurdischen HDP sitzt seit November 2016 wegen Terrorverdachts in Untersuchungshaft. Er selbst sieht sich dagegen als „politische Geisel“ von Präsident Erdogan. Bis zu seiner Inhaftierung galt Demirtas als Erdogans stärkster rhetorischer Gegner. Trotz der Haft wendet er sich regelmäßig über seinen Anwalt an die Öffentlichkeit, am Mittwoch ließ er eine fünfminütige Audiobotschaft verbreiten. Demirtas’ wichtigste Ziele sind es, die Verfassungsreform rückgängig zu machen und den Ausnahmezustand in der Türkei aufzuheben.
Die kleine linksnationalistische Vatan-Partei schickt ihren Chef Dogu Pirencek ins Rennen. Für die kleine proislamische Saadet-Partei tritt ihr Vorsitzender Temel Karamollaoglu an, nachdem es ihm nicht gelungen war, Ex-Präsident Abdullah Gül als Kandidaten zu gewinnen. ses/sts/dpa