DFB-Team in Südtirol

Südtirol ist bereit für „Die Mannschaft“

von Redaktion

Von Stephanie Ebner

Eppan – Das einzige Ärgernis in diesen Tagen ist das Wetter. Manfred Call, sonst die Ruhe in Person, schaut verärgert zum Himmel. Jeden Tag um 17 Uhr dasselbe Spiel. Es schüttet. „Das kann den schönsten Zeitplan durcheinanderbringen“, sagt der Organisator des Trainingslagers. Und der ist wenige Stunden bevor die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft eintrifft, eng getaktet. Aber Call ist ein Routinier, „wir haben viel Erfahrung“.

Schon zum vierten Mal bereitet er für die Deutschen ein Trainingslager in Südtirol vor. Ab Mittwoch absolviert das DFB-Team sein Trainingslager zur WM in Südtirol. Die Erfolgsbilanz nach einem Training dort kann sich sehen lassen: Zweimal haben sie den Titel gewonnen, einmal wurden sie Dritter. „Fußballer sind abergläubisch“, erklärt Manfred Call lapidar die Tatsache, dass die Weltmeister heuer bereits zum vierten Mal hier trainieren. Bis zum 7. Juni will Jogi Löw seine Jungs fit für die Mission Titel-Verteidigung in Russland machen.

Seit Ende vergangener Woche ist die nahende Ankunft der „Weltmeister“ in Eppan, genauer gesagt in Girlan, sichtbar. Girlan ist einer von insgesamt elf Ortsteilen der insgesamt 15 000-Einwohner-Gemeinde Eppan. Die Dörfer liegen verstreut entlang der Weinstraße. Die Menschen hier sind seit jeher Fans der Deutschen Nationalmannschaft, heuer besonders, wo sich die Italiener erst gar nicht für die WM qualifiziert haben.

„In Girlan, wo die Fußballer wie schon 2010 wohnen, säumen Fahnen den Weg hoch zum „Weinegg“. Das DFB-Team ist in dem Fünf-Sterne-Hotel untergebracht. Nach dem Zuschlag für das Trainingslager im vergangenen Herbst ist dort in Rekordzeit ein neuer Hoteltrakt hochgezogen worden – von den Suiten im Erdgeschoss kann man direkt in den Pool gleiten und anschließend auf Liegen unter Palmen dösen. Luxus pur. Der Normaltourist zahlt hier für ein schönes Doppelzimmer um die 160 Euro pro Nacht. Die Suiten kosten entsprechend mehr.

An diesem Mittwochmorgen reisen die letzten Feriengäste ab. Dann ist das „Weinegg“ komplett für die Fußballmannschaft reserviert. Schon im Vorfeld hält man sich im Hotel an die Schweigepflicht. Der Hotelier will mit der Presse nicht reden, das Personal hat einen Maulkorb verpasst bekommen. Nichts soll von hier nach außen dringen, nicht einmal, wer welche Suite beziehen oder was es zu Essen geben wird.

Weil für die Sportler während ihres Trainingsaufenthalts striktes Alkoholverbot herrscht, hatte Hotel-Chef Bruno Moser beim letzten Besuch der Deutschen aus der Hotel-Bar alle Alkoholika entfernt und durch Wasserflaschen und isotonische Getränke ersetzt. Doch so weit wird man heuer nicht gehen. Die Flaschen bleiben alle am Platz. Das Alkoholverbot aber auch.

Die Tatsache, dass die Mannschaft mit ihrem eigenen Koch Anton Schmaus anreist, stört die Weinegg-Küchenbrigade nicht. Im Gegenteil, Bruno Moser soll nach der Abreise 2010 gesagt haben, „wir haben noch einiges dazu gelernt“. Damals war noch Holger Stromberg der Mannschaftskoch.

Vom Weinegg geht es jeden Tag mit dem Mannschaftsbus in die wenige hundert Meter entfernte Sportzone Rungg – abgeschirmt von den Fans. Im Wald versteckt, zwischen Weinbergen und Obstwiesen liegt das neue Fußball-Trainingszentrum. Erst im Frühjahr wurde es eröffnet, es soll eines der besten in ganz Italien sein. „Wir haben es aber nicht eigens für die deutschen Fußballer gebaut“, betont Wilfried Albenberger, der für die gesamte Sportzone verantwortlich ist. Der FC Südtirol, Südtirols einzige Profimannschaft, hat hier seine Heimstätte. Aber ganz klar, nach dem Zuschlag mit dem DFB ging die Realisierung in Rungg schneller. Der Rasen hat die perfekte Länge und wird alle zwei Tage gemäht. „Seit ein paar Tagen gibt es in Girlan sogar einen verbesserten Mobilfunkmast“, sagt Albenberger schmunzelnd. An die 200 Journalisten werden erwartet, und die sollen so schnell wie möglich übers Trainingslager berichten können. Der Werbeeffekt für Südtirol ist beträchtlich.

Noch herrscht hier Ruhe, die Vögel zwitschern, am Wegesrand duftet es nach Holunderblüten. Vereinzelt kommen Mountainbiker vorbei oder Spaziergänger. „Rungg ist das Naherholungsgebiet von Bozen“, sagt Albenberger. Spätestens ab Mittwoch rechnen die Organisatoren aber mit etlichen Fans. Doch die werden von ihren Stars nicht viel zu sehen bekommen: Die Spieler trainieren hinter vier Meter hohen Sichtschutzwänden, die mit markigen Sprüchen versehen sind wie „Südtirol sucht Fans von Steilpässen“.

„Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist die Abschirmung“, sagt Organisator Manfred Call. „Die Fußballer kommen zum Arbeiten her, und Jogi Löw will sich beim Training nicht in die Karten schauen lassen.“ Vielleicht gibt es auch mal ein öffentliches Training. Das entscheide der Jogi, wie Call ihn freundschaftlich verbunden nennt, spontan. Eine Ankündigung dafür wird es nicht geben.

Allein das Thema Sicherheit verschlingt um die 100 000 Euro. „2010 haben wir noch mit Feuerwehrleuten für Ordnung gesorgt“, erinnert sich Bürgermeister Wilfried Trettl, der damals gerade mal zwei Wochen im Amt war. Mit dem Weltmeistertitel sind die Anforderungen gestiegen. Für alle. Jetzt sorgt ein professioneller Sicherheitsdienst dafür, dass alles nach Plan läuft. Wilfried Trettl: „Das ist ein Staatsbesuch.“

Chef-Organisator Call, der von Anfang an dabei ist, sagt: „Die Zeiten haben sich geändert. In allen Bereichen.“ Beim ersten Besuch der deutschen Nationalmannschaft in Kaltern habe man sich noch nach dem Training ins benachbarte Café gesetzt, um mit einer Handvoll Journalisten übers Training zu plaudern. „Undenkbar heute.“

Fußball, nichts als Fußball lautet die Devise für den Weltmeister hier. Es ist daher kein offizieller Empfang mit Blasmusik und Reden geplant, Jogis Jungs sollen Fußballspielen und vielleicht mal einen Ausflug mit dem Mountainbike machen. Das Training der Deutschen ist auch ein Geschäft: Das Land Südtirol nimmt 600 000 Euro in die Hand, die gleiche Summe zahlen noch mal die Kommune und der Tourismusverein. Die Macher des Camps erwarten sich aber auch einen Werbeeffekt. Tourismus-Chef Philipp Waldthaler betont: „Wir wollen gute Gastgeber sein. 16 Tage für die Nationalelf und das ganze Jahr über für unsere anderen Besucher.“ Zuversichtlich fügt er hinzu: „Die Nationalelf kann kommen. Wir sind vorbereitet.“

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