Fünf Geschichten vom Schaltjahr

von Redaktion

Der Klub der 29er: Wir haben mit Jubilaren gesprochen, die am heutigen Samstag mal wieder ihren Geburtstag feiern dürfen. Viele von ihnen haben am 29. Februar schon kuriose Situationen erlebt. Hier erzählen sie davon.

Geburtstagskind 1: „Die Menschen sind manchmal verwirrt“, sagt Lukas Hotz

Lukas Hotz aus Erding feiert am 29. Februar seinen 6. Geburtstag – er wird heuer also 24 Jahre alt. Hier erzählt der Feinwerkmechaniker, wie es ist, wenn man nur alle vier Jahre Geburtstag hat.

Herr Hotz, was werden Sie an Ihrem 6. Geburtstag machen?

Meine Freunde haben mich überredet, zu feiern. Ich hab eine kleine Werkstatt, ich glaube, wir werden da einfach eine Bierbank aufstellen und in einer kleinen Gruppe was trinken.

Feiern Sie sonst nicht so gerne Ihren Geburtstag?

Ich glaube, ich gehöre einfach zu den Menschen, die nicht so viel Wert auf Geburtstage legen. Mein Spezl meinte aber zu mir: Wenn du schon einmal richtig Geburtstag hast, dann sollten wir auch was machen. In den anderen Jahren feiern wir nur im kleinen Kreis der Familie.

Und wann?

Schon immer am 1. März. Meine Eltern haben irgendwann mal, als ich noch ganz klein war, entschieden, dass das mein Geburtstag ist, wenn es keinen 29. Februar gibt.

Fühlt sich das wie ein richtiger Geburtstag an?

Nein, nicht so richtig. Irgendwie denkt man ja, der Geburtstag ist eigentlich schon vorbei. Einmal habe ich mit Freunden zwischen dem 28. Februar und dem 1. März um Mitternacht kurz angestoßen, und da war mein Geburtstag eigentlich schon nach einer Minute vorbei.

Gibt es viele Menschen, die Ihnen schon am 28. Februar gratulieren?

Ja, das ist zweigeteilt. Meine Verwandten gratulieren mir am 1. März, viele Freunde schon am 28. Manchmal kommt es auch zu Situationen, in denen Menschen verwirrt sind, weil sie nicht wissen, an welchem Tag ich eigentlich ein Jahr älter werde. Als ich mit Freunden meinen 18. Geburtstag feiern wollte, sind wir am 28. Februar in einen Club gegangen. Ich wollte die Aufsichtsperson für einen jüngeren Freund sein, aber der Türsteher war sich unsicher, ob ich schon volljährig bin. Er hat uns alle reingelassen – aber an dem Abend bin ich eigentlich mit 17 rein und mit 18 rausgekommen.

Geburtstagskind 2: „Der Namenstag war viel wichtiger“, sagt Irmgard Rädler

Irgendwie war Irmgard Rädler, die heute 68 wird, als Kind fein raus. „Ich komme aus einem katholischen Elternhaus, bei uns war ohnehin der Namenstag viel wichtiger. Der fiel bei mir in den Sommer, und da wurde ausgiebig gefeiert. Aber ich habe nicht gelitten, am 29. Februar geboren zu sein. Erstens bekam ich trotzdem Geschenke, und zweitens ist das Datum schon ein bisschen was Besonderes. Viele Menschen gratulieren, auch Nachbarn beim Spazierengehen.“

Die pensionierte Kindergärtnerin kam 1952 auf dem Thomashof im württembergischen Niederwangen zur Welt. Eine Hausgeburt. Der Liebe und des Berufs wegen zog sie mit ihrem Mann 50 Kilometer weiter nach Bayern. Das Paar lebt seit vielen Jahren in Kempten im Allgäu. Ab ungefähr 18, 19 Jahren, erinnert sich unser Schalttag-Geburtstagskind, hat Rädler dann ihre bislang ausgefallenen Partys nachgeholt. „Mit 21 wurde man damals ja erst volljährig.“

Ihr schönstes Wiegenfest war allerdings der 60. Geburtstag, wo auch Verwandtschaft zu Besuch kam, die normalerweise nicht vorbeischaut. „Und dazu die etlichen Geburtstage im Kindergarten“, sagt sie. Weil nur alle vier Jahre gefeiert wurde, wechselten sozusagen die kleinen Gratulanten jedes Mal komplett durch. Auf ihren heutigen Geburtstag freut sie sich schon sehr. „Weil der 29. Februar auf einen Samstag fällt, haben alle Zeit: Mein Sohn reist aus Köln an, meine beiden Töchter kommen und die Enkel sowieso.“ Denn man wird – in Schaltjahren gerechnet – nur einmal 17.

Geburtstagskind 3: Das mit dem Schaltjahr muss Mara Kröner in der Schule oft erklären

In ihrer Schulklasse hat Mara Kröner schon oft mit ihren Freundinnen über diesen besonderen Geburtstagstag gesprochen. Mara erklärt dann die Sache mit dem Schaltjahr. Das Geburtstagskind aus Menhofen, einem Ortsteil von Denklingen im Kreis Landsberg am Lech, wird heuer zwölf Jahre alt. „In einem normalen Jahr kommt immer am 28. Februar die Familie zusammen, um mit Mara die große Torte anzuschneiden“, sagt Papa Wolfgang. Aber heuer ist der Geburtstag endlich wieder eine Punktlandung. Mara hat zwei ältere Brüder, Zwillinge, die machen immer mal wieder Späßchen über das lustige Datum – und sie fragen sich, ob man beim Geburtstermin nicht ein bisschen tricksen hätte können?

Papa Wolfgang muss lachen, als er das hört. Am 28. Februar 2008 war zu Hause alles ruhig. Deshalb ist er noch locker zu einer Besprechung in den Kindergarten gegangen. Mama Monika blieb daheim. Doch plötzlich wollte Mara nicht länger stillhalten. Die Wehen setzten ein, der Vater wurde alarmiert – und schon waren sie in Landsberg in der Klinik. Dort hatte es Mara aber gar nicht mehr eilig. Sie ließ sich bis zum nächsten Morgen Zeit, bis sie das Licht der Welt erblicken wollte. Man könnte fast meinen, sie hätte es darauf angelegt, ein Schalttagbaby zu werden. Grad schön.

Geburtstagskind 4: „Wenn ein Schaltjahr ist, dann feiere ich drei Tage“, sagt Waltraud

Den Geburtstag feiert Waltraud H. mit ihrem Gatten nicht im heimischen Giesing, sondern in Niederbayern. Dort besucht das Ehepaar seine Tochter, den Schwiegersohn und die Enkel „Ich werde 18“, sagt die Münchnerin. Das „mal vier“ denken wir uns dazu. Und dann fügt sie lächelnd an: „Ich sag’ immer: Wer Angst vorm Altwerden hat, muss jung sterben.“

Waltraud kennt gleich vier Leute, die ebenfalls am 29. Februar ihr Wiegenfest begehen. Und zwar aus ihrem Bekanntenkreis. „Die Tochter eines ehemaligen Arbeitskollegen, der Enkel meiner ältesten Schwester und vom Kegeln zwei Schwestern, die beide am 29. Februar geboren sind! Im Abstand von acht Jahren, 1932 und 1940.“ Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht.

Gestört hat sie es nie, sagt die ehemalige Angestellte bei der Bundesbank, dass ihr Geburtstag nur alle vier Jahre offiziell fällig wird. „Ich feiere zwei Tage – am 28. Februar und am 1. März –, wenn kein Schaltjahr ist. Und ich feiere drei Tage – am 28. und 29. Februar und am 1. März –, wenn ein Schaltjahr ist“, sagt sie.

Geburtstagskind 5: Hans Hutter hat im Schaltjahr die Liebe des Lebens gefunden

An seinen 24. Geburtstag erinnert sich Hans Hutter aus Meilenhofen bei Mainburg im Kreis Kelheim besonders gut. „Als ich den gefeiert hatte, lag ich seit über drei Monaten nach einem schweren Unfall im Krankenhaus, und meine Spezln haben mir eine Schultüte mitgebracht“, erinnert sich der Niederbayer, der am heutigen Samstag 60 wird. Weil 24 geteilt durch vier ja sechs ergibt. Und außerdem hat Hutter, heute selbst Vater von vier Söhnen, in der Klinik eine Krankenschwester kennengelernt, die seine Ehefrau wurde – und bis heute ist. „Sie war das Erste, das ich sah, als ich nach dem Unfall die Augen aufgemacht hatte.“

Hutter feiert, wenn nicht gerade Schaltjahr ist, traditionell am 1. März sein Wiegenfest. „Vorfeiern soll man ja nicht.“ Zum 60. lädt er „zirka 60“ Leute zum Wirt ein. Und weil Hutter, der bei der Firma Wolf Lüftungsanlagen baut, Fan vom FC Bayern ist, hat er auf die Einladungskarte „15“ draufgeschrieben. „60 konnte ich ja schlecht draufschreiben“, sagt er. Sonst hätte womöglich noch jemand meinen können, er hat was mit den Sechzgern, also den Löwen aus München, am Hut. Manchmal ist es ganz schön praktisch, ein Schaltjahrkind zu sein.

Texte: Kathrin Braun, Matthias Bieber & Hans-Helmut Herold

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