München – Der Gastgeber lässt keinen Zweifel, wer hier der Chef ist. Schwungvoll, aber mit Nachdruck dirigiert Markus Söder seine Gratulanten durch das Defilee. Ein, zwei höfliche Sätze, „gutes Neues, schön, dass Sie da sind“, Händedruck, „Und jetzt: Achtung“: Foto, Blitzlichtgewitter. „So. Dankeschön.“ Dann eine ausgestreckte Hand zur nächsten Türe: „Jetzt: Da hinter zur Party!“
Der Ministerpräsident kürzt mit klaren Kommandos das stundenlange Anstehen für gute Wünsche erheblich ab. 1800 Bayern, Promis, Politiker, verdiente Ehrenamtliche, mehr als in den Vorjahren, sind am Freitagabend zum feierlichen Neujahrsempfang in die Münchner Residenz geladen. Würde er mit jedem ausführlich plauschen, würde der Stau auf dem roten Teppich bis Sonntagmittag dauern. So ist er nach gut 150 Minuten mit dem anstrengendsten Protokoll-Termin des Jahres durch, der gemütliche Teil beginnt.
Die Wünsche, die an ihn herangetragen werden, sind persönlich wohlwollend, politisch haben sie manchmal Zwischentöne. Er wünsche Söder „viel Erfolg bei seinen Berliner Ambitionen“, raunt FDP-Fraktionschef Martin Hagen und spielt auf die Kanzlerkandidaten-Debatte an. Manchmal wird’s ein launiger Wortwechsel. Kardinal Marx wünscht Söder „Gottes Segen für die anstehende Kabinettsumbildung“ – Söder dem Kardinal alles Gute für den „synodalen Weg“ der Kirchenreform. Bei beidem, so scherzt der Kirchenmann, „weiß man nicht, was hinten raus kommt“.
Weitere Ehrengäste: Carolin Reiber, BMW-Chef Oliver Zipse, Polizeipräsident Hubertus Andrä, der in wenigen Wochen ausscheidende Bayerische Beamtenbund-Chef Rolf Habermann und Landtagspräsidentin Ilse Aigner im eleganten Dirndl („Wow“, ruft Söder).
Nach einer Stunde Defilee, die Hände qualmen schon, tummeln sich plötzlich zig junge Damen um Söder. Kameras klicken, der Gastgeber lächelt extrabreit. „Ist ja wie Speeddating mit euch“, sagt er – und schickt die Produktköniginnen zackig weiter zur Party. Eine von ihnen ist Rebekka Walter, 23, Fränkische Rosenkönigin. Sie war schon vergangenes Jahr beim Neujahrsempfang, aber die Aufregung ist trotzdem groß. Wie sich das hier anfühlt? Sie überlegt. „Eine Ehre ist das. Klingt das komisch?“ Im Gegenteil. Die Karten für die Residenz sind begehrt, die Einlasskontrollen heuer streng.
In seiner Rede später im Kaisersaal der prächtigen Residenz gibt sich Söder nachdenklich. Das neue Jahrzehnt trete er mit gemischten Gefühlen an. „Uns geht es so gut wie nie.“ Gleichzeitig gebe es große Sorgen um den Frieden, ums Klima. Er rät den Bayern, sie sollten „nicht zu satt und nicht zu ängstlich sein“.