Tausende Kilometer marode Rohre

von Redaktion

Hoher Sanierungsbedarf bei Wasser- und Kanalleitungen in ganz Bayern

München – Sie sind weitgehend unsichtbar und trotzdem lebensnotwendig – die Wasser- und Kanalleitungen im Untergrund. Doch tausende Kilometer Rohre sind in Bayern in die Jahre gekommen und müssen bald ausgetauscht werden.

Nach Angaben des Landesamtes für Umwelt in Augsburg gibt es in Bayern rund 115 000 Kilometer öffentliche Trinkwasserleitungen und 105 000 Kilometer Entsorgungskanäle. Auf Privatgrund gibt es noch einmal etwa 250 000 Kilometer Abwasserleitungen. Die Experten gehen davon aus, dass 10 bis 15 Prozent aller kommunalen Leitungen in den kommenden Jahren saniert werden müssen. Denn in der Regel müssten Rohre nach 50 bis 80 Jahren erneuert werden.

Um kleinere Gemeinden bei der Aufgabe zu unterstützen, stellt die Staatsregierung im Rahmen einer Härtefallförderung bis zu 70 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Das Umweltministerium, das Landesamt für Umwelt und die Wasserwirtschaftsämter haben zudem in Kooperation mit weiteren Verbänden die Initiative „Schau auf die Rohre“ gegründet: Mit Touren durch den Freistaat sollen Politiker, Behörden und Bürger informiert werden.

„Es ist eine Daueraufgabe in allen Städten“, bestätigt Achim Sing vom Bayerischen Städtetag. „Das Thema beschäftigt alle.“ Das bestätigt Karl Schindele vom Wasserwirtschaftsamt Kempten: „In den 1960-er, 1970-er und 1980-er Jahren erfolgte großteils der flächige Ausbau von Kanal- und öffentlicher Trinkwasserversorgung in Bayern“, erklärt er. „Etwa 30 Prozent unserer Leitungen sind heute älter als 40 Jahre.“

Die Gemeinde Odelzhausen (Kreis Dachau) ließ vor rund drei Jahren ihr Kanalnetz untersuchen. „Es war in desolatem Zustand“, erklärt Bürgermeister Markus Trinkl. Geschätzte Kosten damals: zwölf Millionen Euro. Doch: Immer wieder wurden weitere Defizite entdeckt, neue Auflagen trieben die Preise in die Höhe. „Wenn man die Preissteigerungen mit einrechnet, gehe ich davon aus, dass wir ungefähr 20 Millionen Euro investieren müssen“, sagt Trinkl. In der Gemeinde gibt es zum Teil eine Mischkanalisation, bei der Regen- und Abwasser nicht getrennt werden. „Das Horrorszenario wäre, wenn ein Trennsystem Pflicht würde“, sagt Trinkl. „Das würde und noch einmal einige Millionen kosten.“

Auch Trinkwasserleitungen müssen regelmäßig saniert werden. „Wir beobachten das Netz und erneuern es bei Bedarf“, erklärt Thomas Kniegl, Vorsitzender des Wasserversorgungsvereins Gmund am Tegernsee (Kreis Miesbach). Der Verein versucht, Renovierungen mit Straßenbauarbeiten zu kombinieren. „Bei einem Rohrbruch muss man natürlich sofort reagieren“, sagt Kniegl. „Aber auch dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass Keime in das Wasser gelangen, äußerst gering.“

Werden Keime im Trinkwasser entdeckt, ist die Ursachenforschung komplex. Häufig werden mehrere Schwachstellen im System entdeckt. Im Kreis Augsburg war 2019 das Trinkwasser in Dinkelscherben, Diedorf und Gersthofen belastet. Dort müssen jetzt sogenannte Totleitungen aufwendig entfernt werden. Dabei handelt es sich um verschlossene Rohre, die in den Netzen montiert wurden, um später eine neue Verbrauchsstelle anschließen zu können. Bis dahin steht das Wasser – eine Brutstätte für Krankheitserreger.

Doch auch private Eigentümer sind in der Verantwortung: Werden marode Leitungen nicht ausgetauscht, drohen Schäden wie Rohrbrüche. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft registriert jährlich rund 1,1 Millionen Leitungswasserschäden, die etwa 2,3 Milliarden Euro Kosten verursachen. Das Landesamt für Umwelt nimmt ebenfalls die Bürger in die Pflicht: „Ein neuer öffentlicher Kanal nutzt wenig, wenn die damit verbundenen Grundstücksentwässerungsanlagen undicht sind.“  cla, lby

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