Schneechaos vor einem Jahr: Lage entspannt

von Redaktion

Der Schnee kam in Riesenmengen. Züge fielen aus, Lawinen bedrohten Orte, tausende Helfer schaufelten Dächer frei. Ein Jahr nach dem Schneechaos im Süden Bayerns sehen sich die Behörden gut vorbereitet.

VON SABINE DOBEL UND MARKUS CHRISTANDL

Berchtesgaden/Miesbach – Meterhoch lag der Schnee: Die heftigen Schneefälle im Januar 2019 zauberten im Süden Bayerns eine idyllische Landschaft – und brachten tausende Rettungskräfte und freiwillige Helfer an ihre Belastungsgrenze. Schneebruch und Lawinen bedrohten Straßen, Dörfer waren von der Außenwelt abgeschnitten, Dächer drohten einzustürzen, Züge fielen tagelang aus. In fünf Landkreisen galt teils mehr als eine Woche lang der Katastrophenfall. Knapp ein Jahr danach sieht es in den Tälern frühlingshaft grün aus, und viel Schnee ist laut Prognose nicht in Sicht. Die betroffenen Gebiete sehen sich aber für einen möglichen Notfall gerüstet.

Das Landratsamt Miesbach hat sich etwa mit gemeinsamen Übungen der Helfer vorbereitet. „Wir haben viele Notfall- und Alarmpläne überarbeitet, zusätzliche Infrastrukturen geschaffen und viele neue Mitarbeiter geschult“, teilt eine Sprecherin mit. Auch im Kreis Berchtesgadener Land gab es Nachbesprechungen, um gut vorbereitet zu sein. Mit dem Schulamt seien Pläne erstellt worden, um auf Ausfälle besser reagieren zu können. 2018 waren tagelang Schulen geschlossen.

Eine der betroffenen Gemeinden war auch Schleching im Kreis Traunstein. Ein vom Hubschrauber aus entdecktes riesiges Schneebrett an der Hochplatte (1583 Meter) sorgte für Sorgen im Landratsamt. Landrat Siegfried Walch ordnete die Evakuierung des von Lawinen bedrohten Ortsteils Raiten an, über 230 Menschen verließen am 16. Januar Haus und Hof, die Menschen fanden bei Freunden und Verwandten eine Zuflucht, die Nutztiere bei anderen Bauern. Die Polizei kontrollierte, ob auch alle Bewohner weg waren – Raiten wurde zur Geisterstadt. Wenn auch nur wenige Tage.

Heute sieht Schlechings Bürgermeister Sepp Loferer den Ortsteil außer Gefahr. Zuversicht gibt ihm dabei eine Risikoabschätzung eines auf solche Extremverhältnisse spezialisierten Schweizer Instituts. „Es hat in unserem Auftrag eine dreidimensionale Beurteilung des Berges gemacht“, berichtet Loferer. Der aus Fichten und Buchen bestehende Mischwald schütze Raiten noch auf drei Jahrzehnte hinweg, eine Lawinenverbauung sei so unnötig. Loferer: „Wenn wegen des Klimawandels dieser Zustand sich verändert, müssen wir aber eine Neubeurteilung vornehmen.“ Zusätzlich sollen bald in Abstimmung mit dem Landratsamt und der Polizei Evakuierungspläne erarbeitet werden.

Der Katastrophenschutzplan stehe, heißt es im Landratsamt Garmisch-Partenkirchen. „Dass diese Planungen greifen, wurde im Januar 2019 eindrucksvoll bewiesen.“ Das Amt hatte Anfang Dezember Hausbesitzer gemahnt, auf Schneelasten auf ihren Dächern zu achten und sich bei Bedarf um die Räumung zu kümmern. Ähnliche Hinweise gab das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen. Es gebe eine eigene Pflicht zum Räumen privater Dächer, so auch das Landratsamt Berchtesgadener Land. In diesem Winter würden keine Privatdächer mehr abgeschaufelt. Heftige Schneefälle und anschließend wärmere Temperaturen mit Regen hatten vor einem Jahr die Schneemassen extrem schwer gemacht und die Lasten auf den Dächern bedrohlich steigen lassen. Äste krachten zu Boden, ein neunjähriger Bub wurde von einem Baum erschlagen, Straßen wurden gesperrt. Ein Schneepflug stürzte in die Isar, der Fahrer konnte nicht gerettet werden. Auf einsturzgefährdeten Dächern schaufelten Helfer gegen die Zeit an.

Konsequenzen haben insbesondere die Bahnunternehmen gezogen. Die für die Aufsicht zuständige Bayerische Eisenbahngesellschaft hatte nach massiven Zugausfällen die Bayerische Oberlandbahn (BOB) und die Deutsche Bahn (DB) als Betreiberin der Strecken verdonnert, einen Maßnahmenkatalog zu entwickeln. BOB und DB versprechen schnelleres Schneeräumen, mehr Personal und bessere Fahrgastinformationen.

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