Hotels setzen auf Selfie-Touristen

von Redaktion

Jahr für Jahr kommen mehr Touristen nach Bayern. Peter Inselkammer, neu gewählter Chef des Tourismus-Ausschusses der IHK Oberbayern, spricht über die neuesten Besuchertrends, den Wunsch nach einer zentralen Vermarktung und das Problem des „Overtourism“.

VON DOMINIK GÖTTLER

München – Den Reiz des Oberlandes kann Peter Inselkammer nur zu gut verstehen. Aufgewachsen in Bad Tölz, ist der heutige Geschäftsführer des Münchner Platzl Hotels und Wiesnwirtesprecher als Jugendlicher selbst regelmäßig mit dem Schlauchboot die Isar entlanggefahren. „Heute drückt es alle am Wochenende in die Berge. Und ich wundere mich schon ein bisschen, dass das alle trotz Stau und aller negativen Begleiterscheinungen noch mitmachen.“

Jahr für Jahr zieht es mehr Touristen nach Oberbayern, allein von Januar bis September diesen Jahres wurden 34,5 Millionen Übernachtungen registriert – mal wieder ein deutliches Plus zum Vorjahreszeitraum. Für Inselkammer ist das natürlich ein Grund zum Jubeln, schließlich repräsentiert er als neu gewählter Vorsitzender des Tourismus-Ausschusses der IHK München und Oberbayern die Branche. Aber er sieht auch noch eine Menge ungenutzter Potenziale, gerade was das Marketing angeht.

Aktuell vermarkten über 30 Tourismusverbände die verschiedenen Regionen im Freistaat – vom „Fränkischen Weinland“ über den „Naturpark Altmühltal“ bis zum „Chiemsee-Alpenvorland“. Im Alpenraum sind die Tourismusregionen besonders kleinteilig organisiert und versuchen sich gegenseitig die Besucher abzuluchsen. „Dieses Kirchturmdenken ist nicht zielführend“, sagt Inselkammer. Sein Wunsch: ein Marketing aus einem Guss für den gesamten Freistaat. Mit schlankeren Strukturen, aber einer besseren Finanzausstattung durch die Staatsregierung.

Aktuelle Trends gebe es schließlich genug, auf die die Branche reagieren müsse. Den Hang der Gäste zur Selbstinszenierung zum Beispiel. „Manche Hotels werben schon mit speziellen Instagram-Spots, bei denen der Gast das perfekte Selfie in die Welt hinausschicken kann“, sagt Inselkammer. Fotogenes Zimmerdesign spiele eine immer größere Rolle. Zur Gewohnheit ist für Inselkammer auch längst geworden, dass viele Gäste im Hotelrestaurant erst mal den Hauptgang fotografieren, bevor sie zur Gabel greifen. „Ich kann es nicht immer verstehen, aber es ist eben so.“ Der Foodblog oder das Influencer-Video will schließlich mit Inhalten gefüttert werden. Hinzu komme, dass die Besucher stärker als früher nach der Regionalität suchen. „Egal, ob Käse selber machen, Ski selber bauen oder Holz hacken im Wald – die Besucher wollen ein Oberbayern zum Anfassen.“

Und dann sind da natürlich die touristischen Hotspots in Oberbayern wie die Zugspitzregion oder das Tegernseer Tal, wo die Bewohner mittlerweile nur noch stöhnen, wenn am Wochenende wieder die Blechlawine aus München anrollt. Ein Problem, für das auch Inselkammer kein Patentrezept als Lösung anbieten kann. „Wir können den Tegernsee ja schlecht einzäunen.“ Er verweist darauf, dass die Übernachtungszahlen etwa in der Garmischer Region in der Vergangenheit sogar schon höher waren. „Für den Freizeitdruck am Wochenende sorgen vor allem die Tagesgäste.“ Hier sei wieder das Tourismus-Marketing gefragt. „Es gibt genug andere schöne Regionen in Bayern und Oberbayern, die wir noch besser bewerben könnten, um den Freizeitdruck etwas zu entzerren.“ Wichtig sei dabei nicht nur eine gute Werbestrategie nach außen. „Wir müssen auch die Anwohner mitnehmen und erklären, dass bestimmte Einrichtungen wie Bäder und Kulturstätten ohne den Tourismus nicht finanzierbar wären.“

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