Sterben als Studiengang

von Redaktion

Regensburg – An der Uni Regensburg kann man ab kommendem Jahr das Sterben studieren. Mitinitiator des neuen Studiengangs ist der katholische Moraltheologe Rupert Scheule. Der Diakon und verheiratete Familienvater ist überzeugt, dass Kirche und Theologie in diesem Bereich viel beisteuern können.

Was steckt hinter diesem neuen Studien-Angebot?

Unsere eigentliche Geschäftsidee ist nicht die punktuelle Befassung mit dem Tod. Menschen erleben Sterben, Tod und Trauer als eine Einheit. Dies sollten sie ab dem Wintersemester 2020/21 bei uns studieren können.

Die Thanatologie, die Lehre vom Tod, haben eigentlich weitgehend Bestatter für sich vereinnahmt.

Bestatterexpertise allein schafft noch keinen guten Abschied. Ich glaube, dass wir aus unserer Tradition und Disziplin heraus Trostwissen mobilisieren können – und wir haben Ritenkompetenz. Das wollen wir akademisch bereitstellen. Übrigens auch für Bestatter. Die sind schon hochgradig neugierig.

Bei der Geburt helfen Hebammen. Und beim Sterben?

Da gibt es jetzt schon Menschen, die das gut ausgebildet und hochprofessionell tun: Palliativmediziner etwa oder Hospizhelfer. Aber wir glauben, dass wir Sterbe- und Trauerbegleitung akademisch neu aufschließen können, dass es Schätze in der Theologie und den Nachbarwissenschaften gibt, die für die Lebensphase rund um den Tod auch eine praktische Bedeutung haben.

Welchen akademischen Abschluss erwerben Ihre Studenten: Master of Death oder Dr. mort.?

(lacht) Wir haben tatsächlich über „Master Todeswissenschaften“ nachgedacht. Das hätte ich gar nicht schlecht gefunden. Aber den Medizinern in unserem Team war der Titel „Master in Perimortalen Wissenschaften“ doch lieber. Das klingt tatsächlich seriöser und sagt immerhin klar, worum es geht.

Was sollen Ihre Absolventen letzten Endes können?

Sie brauchen zunächst eine Selbstkompetenz für die Frage: Wie stehe ich eigentlich zum Lebensthema meines bevorstehenden Todes? Sonst werden sie Sterbenden und Trauernden nie nahe sein. Dann brauchen sie Kompetenz in der Deutung des Todes. Es werden Kinder am Sterbebett stehen und fragen: Kriegt die Oma jetzt Flügel, wenn sie im Himmel ist? Da ist es nicht verkehrt, wenn sie etwas von dem draufhaben, was die Kirche über die letzten Dinge lehrt, und sagen können: Flügel eher nicht. Sie wird bei Gott und ganz bei sich sein. Es geht also auch um Bildung in dem Studiengang. Außerdem lernen sie etwas über die Rechtslage rund um den Leichnam. Unsere Absolventen sollen rausgehen können in Kindergärten, Pfarreien, die Erwachsenenbildung und dort lebensnah über das Thema Tod-Sterben-Trauern sprechen.

Wo sehen Sie den größten Bedarf für das Wissen?

Ich stelle mit Bewunderung fest, dass sich die palliativmedizinische Szene auch gut um Trauernde kümmert. Trotzdem können wir auch da noch als Theologen ein paar Fähigkeiten dazulegen. Der Lebens- und Arbeitsraum Friedhof scheint mir dagegen wissenschaftlich wie seelsorglich klar unterbelichtet.

Interview: Christoph Renzikowski

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