Köln/Passau – Tina Turner singt im Gericht. Das könnte man im ersten Moment denken. In Wahrheit ist es Tina-Turner-Darstellerin „Coco“ Fletcher, die vor einer Fernsehkamera eine Kostprobe ihres Könnens abgibt. Ihr Alter will sie nicht sagen – „it’s a secret“, ein Geheimnis – aber man darf vermuten, dass sie so ungefähr ein halbes Jahrhundert jünger ist als das Original, das in vier Wochen 80 wird. Dennoch klagt die Sängerin im Landgericht Köln gegen ein Plakat mit „Coco“ Fletcher vorne drauf: Der Weltstar sieht Verwechslungsgefahr. Der Vorsitzende Richter Dirk Eßer da Silva redet nicht lange um den heißen Brei herum: Ja, sagt er, es bestehe hier tatsächlich eine gewisse Verwechslungsgefahr. Die Frau auf dem Plakat sehe ihr schon sehr ähnlich, stellt Eßer da Silva fest. Jünger zwar, aber gut: Es könnte ein altes Bild sein. Oder nachbearbeitet.
Jedenfalls ist die Gerichtskammer der Ansicht, dass ein Betrachter des Plakats „Simply The Best – Die Tina Turner Show“ denken könnte: „Da spielt Tina Turner mit.“ Es fehle ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass die echte Tina Turner nicht auftrete. Ein Hinweis wie: „Coco“ Fletcher als Tina Turner.
Tourneeveranstalter Oliver Forster aus Passau holt zu einer Gegenrede aus. Die „Tina Turner Story“, so sagt er, sei schon mehr als 100 Mal in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgeführt worden, vor rund 100 000 Zuschauern, „und uns ist kein Fall bekannt, in dem ein Endverbraucher hinterher moniert hätte, dass er nicht die echte Tina Turner vorgefunden“ habe. Sein Anwalt Hermann-Josef Omsels setzt nach: „Meinen Sie, dass der Heilbronner wirklich denkt: Jetzt kommt Tina Turner nach Heilbronn?“
Herr Eßer da Silva findet den Gedanken so abwegig nicht. Auch das Argument, dass Tina Turner ihre Bühnenkarriere vor mehr als zehn Jahren beendet habe, kann nicht alle überzeugen. Vorschlag zur Güte: Der Tourveranstalter versieht die Plakate künftig mit einem unmissverständlichen Hinweis, und dafür verzichtet Tina Turner auf weitere Forderungen. Der Tourveranstalter kann damit leben. Die Anwältin von Mrs. Turner muss erst deren Meinung ergründen. Beide Seiten bekommen vier Wochen Zeit, um eine gütliche Einigung zu erzielen.