Denklingen – Der Defiliermarsch hat schon begonnen, Horst Seehofer will feierlich in die Mehrzweckhalle einmarschieren – da stellt sich ihm ein alter, wenn auch nicht sonderlich guter Bekannter in den Weg. Claus-Peter Reisch, der streitbare Kapitän des Rettungsschiffs „Lifeline“, passt den Bundesinnenminister am Sonntagabend ab und verlangt ein Gespräch.
Die Kapelle in Denklingen spielt in Endlosschleife den Marsch, Seehofer kommt nicht in die Halle durch, seine Leibwächter lassen Reisch aber gewähren. Die Situation ist pikant: Der Kapitän (57) hatte Seehofer im Sommer verbal rüde angegriffen: Er wolle Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken lassen. „Er ist ein Täter, er gehört vor Gericht, er muss zurücktreten.“ In jenen Tagen lag Reischs Schiff vor Malta, der Seenotretter stand vor Gericht.
In Denklingen wirft Reisch dem Minister vor, ihn fünf Tage lang auf See festgehalten zu haben – Seehofer weist das zurück und kontert: „Ich darf Sie ja nicht so beschimpfen wie Sie mich.“ Reisch solle zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland bei jedem Schiff angeboten habe, einen Anteil an Migranten zu übernehmen. „Wir sind nicht so schlimm, wie Sie glauben.“
Friedliches Ergebnis der Konfrontation: Seehofer verspricht Reisch eine persönliche, einstündige Aussprache in den kommenden Wochen im Ministerium. Dafür darf der Innenminister dann doch noch in die Halle, der Landsberger Reisch hört ihm dort sogar bis zum Ende zu. cd