München – So ganz mag die Bahn-Angestellte ihren Augen nicht trauen. Skeptisch wirft sie einen Blick auf die vier Zugtickets in ihrer Hand. „Sie heißen alle Josef?“ Zustimmendes Nicken. „Darf ich von mindestens einem Mal den Ausweis sehen?“ Tatsächlich. Jeweils fünfmal steht „Josef“ übereinander auf den vier personalisierten Bayerntickets der Deutschen Bahn. Ein Schmunzeln huscht über ihr Gesicht.
Immer am 19. März machen die Josefs aus Mittenwald (Kreis Garmisch-Partenkirchen) einen Ausflug nach München. Dann sind 20 Gleichnamige keine Seltenheit. Auch die Privatbrauerei in Mittenwald hat für diesen Tag ein ganz besonderes Bier. Seit Monaten brauen sie fleißig den traditionellen Josefibock – der mittlerweile „Dunkler Bock“ heißt. Doch nicht nur im Geigenbauort – der Namenstag der Seppen wird in ganz Bayern hochgehalten. In Garmisch-Partenkirchen hat sich sogar ein ganzer Verein dem Ziehvater Jesu verschrieben. Der „Handwerkerverein St. Josef Partenkirchen“ ist im Volksmund unter „Josefiverein“ bekannt. Zwar heißen dort die meisten Mitglieder Sepp. Ein Zwang ist das aber nicht, um beitreten zu können.
„Der ursprüngliche Gedanke bei der Gründung 1776 war eine Vereinigung für die Handwerkerzunft“, sagt Josef Gröbl, seit zwölf Jahren Vorsitzender. Am heutigen Dienstag feiern er und rund 160 Vereinsmitglieder ihren wichtigsten Tag im Jahr. Neuerdings sogar mit weiblicher Verstärkung, was bis vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Aber Ortshistoriker Josef Ostler hat in den uralten Urkunden und Statuten aus der Zeit der Vereinsgründung gestöbert und Interessantes gefunden: „Es waren neben den Handwerkern auch deren Ehefrauen erlaubt, dem Verein beizutreten“, erzählt Gröbl. Eine Bäckermeisterin war das erste weibliche Mitglied, das somit wieder aufgenommen wurde.
Doch auch vor und nach dem 19. März sind die Josefs aktiv. Spenden und Mitgliedsbeiträge werden für karitative Zwecke verwendet. Vergangenes Jahr übergaben sie 1111 Euro an Kirchenpfleger Sepp Angelbauer für die Renovierung der Wamberger Kirche. Zudem halten die Josefi-Brüder alle drei Jahre eine Messe am Bildstock vor der Esterbergalm. Dieser wurde wohl im 18. Jahrhundert zum Dank nach dem Ende einer verheerenden Ochsen-Epidemie, die über das Werdenfelser Land wütete, errichtet. Der Verein ist seither für seinen Unterhalt zuständig. Die Werdenfelser sind nicht die einzigen Josefs, die sich Bauwerken oder Gedenkstätten annehmen. So hat der Josefiverein Graßlfing-Allach (Kreis Fürstenfeldbruck) die Patenschaft für eine kleine Kapelle am Gasthaus Zum Haderecker in Olching übernommen. Wirt Ernst Sirtl ist sogar stellvertretender Vorsitzender des Vereins.
Bis 1969 war Josefi ein gesetzlicher Feiertag. Auch wenn diese Zeit schon lange vorbei ist, bekommen die Seppen noch immer gewisse Vergünstigungen an ihrem Namenstag. Sei es eine Gratis-Fahrt mit der Wendelsteinbahn oder eine Mass Freibier auf dem Heiligen Berg in Andechs – nach einer Messe zu Ehren des heiligen Josef. Zu ihnen zählt auch der Leiter des Andechser Klosterstüberls, Josef Eckl. „Die Gäste müssen lediglich den Personalausweis vorlegen – selbst ernannte Bepperl gehen leer aus.“
Der 19. März ist für das Freilichtmuseum Glentleiten (Kreis Garmisch-Partenkirchen) gleichsam der Startschuss in die neue Saison. Passend dazu wird der Josefi-Bock ausgeschenkt. Das Starkbier wurde bereits im Januar mit Unterstützung von Bezirkstagspräsident Josef Mederer eingebraut.
In Bernbeuren (Kreis Weilheim-Schongau) kommen heute wieder alle Josefs auf dem Auerberg zusammen. Um 14 Uhr ist ein Gottesdienst in St. Georg, anschließend wird im Panoramagasthof Auerberg eingekehrt. Eingeladen sind alle – vorrangig Josefs, Josefines und Josefas und vor allem Zimmerer.
Die Beliebtheit des Rufnamens Josef nimmt allerdings weiterhin ab. Nur als Zweitname kommt er bundesweit noch auf Platz sieben – vor Johannes und hinter Karl. In Süddeutschland liegt er zumindest noch auf Platz drei. Einst war er noch der beliebteste bairische Name.
Doch wie wurde der Sepp zum Parade-Bayern? 1621 nahm die katholische Kirche den heiligen Josef und Ziehvater Jesu in ihren Festkalender auf. Damit begann der Siegeszug des Namens, von Giuseppe in Italien bis Jupp im Rheinland. Europäische Herrscherhäuser wie die Wittelsbacher oder Habsburger tauften ihre Söhne Josef und trugen so zur weiteren Verbreitung bei.