München – Unter dem Motto „Mal ehrlich!“ ruft die evangelische Kirche in der Fastenzeit zu sieben Wochen ohne Lügen auf. Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler erklärt, warum ein Leben ohne Schwindeln ein besseres ist. Die Aktion „Sieben Wochen ohne…“ wurde 1983 von Theologen und Journalisten in Hamburg ins Leben gerufen. Jedes Jahr steht die bundesweite Aktion unter einen anderen Schwerpunkt.
Frau Breit-Keßler, wissen Sie, wann Sie das letzte Mal geflunkert haben?
Nein, weil ich nicht flunkere und schon gar nicht lüge. Das habe ich zu einer meiner Lebensmaximen erhoben, weil ich Lügen unerträglich finde.
Du sollst nicht lügen – gibt es keine Ausnahmen?
Es gibt ein wunderbares Zitat von Max Frisch, der sagt: Man kann einem die Wahrheit wie einen nassen Lappen ins Gesicht klatschen oder sie einem wie einen Mantel umhängen. Natürlich sagt man nicht zu jemand, der zum Beispiel einen Kuchen gebacken hat, das sei der allerletzte Dreck. Man wird eher sagen: Mein Geschmack ist es nicht. Man kann liebevoll sagen, was man zu sagen hat.
Warum fällt Ehrlichkeit oft schwer?
Weil man sich der Wahrheit stellen muss, den Mut haben muss, sie zu sagen, und die Konsequenzen trägt. Es ist weniger bequem, die Wahrheit zu sagen, als sich durchs Leben zu schwindeln.
Gibt es einen Unterschied zwischen lügen und flunkern?
Können Sie mir denn ein Beispiel nennen, was flunkern sein soll? Das ist eine Selbstentschuldigung vieler, die sagen, es sei eine Notlüge. Es ist keine Not. Sondern die Angst, sich dem zu stellen, was man eigentlich zu sagen hätte.
Darum die Aktion „Sieben Wochen ohne Lügen“?
Es ist höchste Zeit, sich wieder mal ins Gedächtnis zu rufen, wie befreiend und beglückend es ist, wenn man ehrlich miteinander ist und nicht Dinge in die Welt setzt, die hinten und vorne nicht stimmen. Es geht ja nicht nur allein darum, andere nicht zu belügen, sondern auch mit sich selbst ehrlich zu sein. Damit tun sich nämlich die meisten schwer.
Nachdem Sie nicht flunkern: Was haben Sie sich für die Fastenzeit vorgenommen?
Ich möchte mir mehr Zeit nehmen, für die Menschen, die mir wichtig sind. Es geht in der Fastenzeit nicht nur um Askese und Verzicht, es soll ein Gewinn sein am Ende. Wir wollen niemanden knebeln und knechten und sagen: Das darfst du nicht.
Interview: Kathrin Brack