Vor fast genau 70 Jahren, am 25. Januar 1949, wurde Radio München von der amerikanischen Militärregierung in deutsche Hände übergeben und somit als Bayerischer Rundfunk begründet. Eine der prägendsten Persönlichkeiten der Gründungsjahrzehnte des Bayerischen Rundfunks war dabei Reinhard Raffalt.
Wenn man jedoch heute auf den vor über 40 Jahren früh verstorbenen Reinhard Raffalt stößt, dann hat das mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Sprach- und Reiseführer „Eine Reise nach Neapel… e parlare italiano“ zu tun. Diesen konzipierte Raffalt in den 1950er-Jahren für den Bayerischen Rundfunk und den Prestel-Verlag. Auch wenn der Autor dieses frühe Werk später ironisch als „Jugendsünde“ bezeichnete und es nie überarbeitet wurde, ist es das einzige Werk von ihm, das bis heute in immer neuen Auflagen gedruckt wird. Generationen von deutschen Italienreisenden haben sich mit diesem charmanten Buch in der Hand der Sprache und Kultur unseres südlichen Nachbarn angenähert, Italien sei, so schrieb er, „kein romantisches Märchen, sondern Wirklichkeit und eine einfache Harmonie (…), wert, die besten Stunden unseres Lebens auf sie zu verwenden“.
Wer war also dieser Mann, der in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg in Bayern, Deutschland und auch Italien einen so klingenden Namen hatte und warum ist er heute beinahe vergessen? Journalist, Schriftsteller, Kulturvermittler und Musiker – Reinhard Raffalt (1923–1976) war ein Mann mit vielen Begabungen. Mit seinen Büchern, Hörfunksendungen und Filmen begeisterte er Millionen Menschen nördlich und südlich der Alpen. Er war in den 1950er-, 60er- und 70er-Jahren Bayerns Stimme in Rom.
Seine ersten journalistischen Gehversuche machte der gebürtige Passauer nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch in seiner Heimatstadt. Ab August 1948 war Raffalt schließlich als freier Mitarbeiter in der neu gegründeten Abteilung „Hörbild“ für den BR tätig. Im Laufe der fast 30-jährigen Zusammenarbeit sollten so knapp 200 Rundfunksendungen und gut 30 teilweise mehrteilige Fernsehfilme entstehen. Raffalts wohl beste und wirkungsmächtigste Darbietungsform war dabei wohl jenes „Hörbild“, das „Fernsehen der Fantasie“, wo seine geschliffene Sprache mit dem angenehmen Tonus seiner dunklen Stimme in bayerisch-österreichischem Einschlag perfekt harmonierte. Auf diese Weise nahm er seine Hörer mit auf Reisen nach Italien, in den Fernen Osten oder in vergangene Geisteswelten wie Antike, Renaissance oder Barock.
Im April 1951 entschloss sich Raffalt schließlich, seinen Lebensmittelpunkt komplett in die „Ewige Stadt“ zu verlegen. In Rom wurde er nicht nur Direktor der Deutschen Bibliothek, sondern er konnte seine ersten Erfolge als Schriftsteller feiern sowie das erste Auslandsstudio des Bayerischen Rundfunks mitbegründen.
Als Publizist mit kulturpolitischen Ambitionen prägte Reinhard Raffalt in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wesentlich das bayerische und deutsche Bild von Rom, dem Vatikan sowie Italien. Seine Sendungen im Bayerischen Rundfunk und seine publizistischen Werke erreichten dabei ein Millionenpublikum.
Freilich waren ihm hierbei auch Grenzen gesetzt. So traf er in den 1950er- und 60er-Jahren mit seinen Themen den Nerv der Zeit. Die sozialen Veränderungsprozesse in den 70er-Jahren berührten sein Weltbild jedoch nur peripher und er hatte einer sich dynamisierenden und modernisierenden Gesellschaft nun weniger anzubieten. Bayern und Italien bildeten zeit seines Lebens die Fixpunkte seines Interesses. Dabei war es ihm ein besonderes Anliegen, Einflüssen aus anderen Kulturen auf die eigene Kultur nachzuspüren. Dies tat er zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn auf vielen Fernreisen sowie in Rom. In seinen späteren Jahren zog es ihn wieder mehr in seine Heimat Bayern. Dort ging Reinhard Raffalts Leben schließlich auch zu Ende: Er verstarb am 16. Juni 1976 im Münchner Universitätsklinikum mit nur 53 Jahren an multiplem Organversagen. In seinem Werk lebt er aber bis heute fort.
* Der Autor ist Historiker im Haus der bayerischen Geschichte in Augsburg. Er schrieb „Ein Leben für die Kultur – Reinhard Raffalt (1923–1976) zwischen Bayern, Deutschland und Italien“, Pustet Verlag, 39,95 Euro.