Gendergerecht – oder doch nicht?

von Redaktion

Die Stadt Hannover führt eine geschlechtergerechte Amtssprache ein – inklusive umstrittenem Genderstern *. Auch Augsburg erlässt ein Regelwerk, allerdings ohne *. Die Reaktionen sind gemischt.

Uwe Brandl (CSU), Bürgermeister von Abendsberg, Vorsitzender Bayerischer Gemeindetag und Deutscher Städte- und Gemeindebund: „Ich persönlich finde das reichlich überzogen. Jeder Mensch (übrigens… der, die das Mensch?) hat einen Wert in und an sich und das unabhängig von Geschlecht, Religion oder Abstammung. Wir alle ärgern uns über die Verbürokratisierung unseres Alltags, aber in der Schaffung von immer neuen Regeln und Anweisungen scheinen wir perfekt.“

Tessa Ganserer, queerpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion: „Der von Hannover eingeschlagene Weg zeigt Respekt gegenüber Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen können und nimmt niemandem etwas weg. Ich glaube fest daran, dass die Anerkennung der neuen Lebensrealität einen neuen sprachlichen Umgang nach sich ziehen wird, auch, wenn wir heute noch nicht absehen können, welche Formulierungen sich durchsetzen werden. Denn Sprache ändert sich oft von unten und ganz natürlich, ohne dass es eine Amtsweisung braucht.“

Tobias Eschenbacher, OB Stadt Freising: „Wir versuchen, jedem das Gefühl zu geben, willkommen zu sein und sich angesprochen zu fühlen. Man muss nicht überall Pionier sein, doch wenn andere Landkreise eine gendergerechte Sprache einführen, könnten wir die vielleicht adoptieren.“

Wolfgang Rzehak (Grüne), Landrat in Miesbach: „Wir versuchen immer, alle Menschen anzusprechen – nicht nur bei Stellenausschreibungen – egal, welche geschlechtliche Identität sie haben. Im Jahr 2019 sollte es für eine Gesellschaft – und auch für eine Behörde als Teil der Gesellschaft – selbstverständlich sein, dass niemand durch seine Identität benachteiligt wird. In der Vergangenheit ist durch Diskriminierungen Leid geschehen, wir können hier sensibel sein.“

Marion Bär, Frauengleichstellungsstelle der Stadt München: „Wir haben verbindliche Empfehlungen zur geschlechtergerechten Sprache. Hier ist aufgeführt, dass beispielsweise neben Bürgern auch Bürgerinnen zu nennen sind. Dass neutrale Wörter wie Teilnehmende statt Teilnehmer zu verwenden sind. Zudem ist vorgesehen, bei begrenztem Platz einen Unterstrich zu setzen. Zum Beispiel „Bürger_in“. Mit Blick auf das dritte Geschlecht divers ist der Unterstrich ein gutes Instrument. Weil er als Leerzeichen divers mit einschließt.“

Christian Bernreiter (CSU), Landrat in Deggendorf und Präsident des Landkreistags: „Natürlich sind wir gegen jegliche Art von Diskriminierung. Trotzdem werde ich in meiner Verwaltung aktuell niemanden anweisen, dies umzusetzen. Wenn man sich die Diskussionen vor Ort anhört, fragen die Leute zu Recht, ob wir keine anderen Probleme haben.“

Christian Ude, Münchner Alt-OB: „Ich habe nichts gegen sprachliche Korrekturen, die auch gesprochen werden können. Aber das Hannoveraner Werk scheint mir sprachfeindlich zu sein.“  dak/dw/bst

Artikel 11 von 13