Frischzellenkur für Ludwigs Märchenschloss

von Redaktion

Schwangau/München – Die tausenden Besucher, die sich täglich durch König Ludwigs Märchenschloss Neuschwanstein bewegen, bekommen derzeit „nicht alles“ zu sehen. So sagt es der Verwalter des weltbekannten Bauwerks, Johann Hensel, anlässlich eines besonderen Rundgangs durch Schloss Neuschwanstein, in dem er den Ablauf der aktuell laufenden Arbeiten erklärt.

Um das bauliche Vermächtnis von Ludwig II. für die kommenden Generationen zu sichern, nimmt der Freistaat viel Geld in die Hand. Mehr als 20 Millionen Euro wird die dauerhafte Konservierung der historischen Bausubstanz und ihrer Ausstattung kosten. Die Arbeiten laufen bereits seit dem Frühjahr 2017 und werden sich noch drei weitere Jahre hinziehen. Bis dahin sollen mehr als 2300 Objekte restauriert werden. Doch die Führungen für die rund 1,5 Millionen Besucher, die das Schloss pro Jahr anlockt, sollen weiter wie gewohnt stattfinden. Nur eben mit kleinen Einschränkungen.

Bemerkbar wird das zum Beispiel im Sängersaal, der aktuell größten Baustelle. Der Saal ist bereits zur Hälfte eingerüstet. Ein Teil des Gerüsts ist mit einem halbtransparenten bedruckten Screen versehen. Diese Maßnahme soll den Besuchern einen Blick auf die laufenden Restaurierungsarbeiten ermöglichen und zugleich einen Eindruck der Wandflächen vermitteln, wie sie ohne Gerüst aussehen. Der Vize-Präsident der Bayerischen Schlösserverwaltung, Jochen Holdmann, bezeichnet diese Lösung als „ein ganz eigenes, modernes Kunstwerk“ im Rahmen des Gesamtkunstwerks Schloss Neuschwanstein. Nicht nur an diesem Gerüst leisten die mit der Restaurierung betrauten Experten laut Holdmann, erstklassiges Kunsthandwerk, durch das die in den vergangenen 130 Jahren entstandenen Schäden wieder korrigiert werden sollen.

So habe die durch die Menschenmassen – bislang besuchten etwa 60 Millionen Interessierte das Schloss – und andere Umstände hervorgerufene hohe Luftfeuchtigkeit insbesondere „den Farbfassungen an den Wänden und dem Parkettboden“ im Sängersaal geschadet, erklärt Heiko Oehme von der Bauverwaltung der Schlösserverwaltung. Dazu kommen das raue Klima mit stark schwankenden Temperaturen und extremer Kälte am Tegelberg.

Darüber hinaus verzeichnen die Experten Rissbildungen in der Fassade, die sich bis in die Innenräume hineingezogen haben, und bei Starkregen sei sogar manchmal Wasser die Wände heruntergelaufen. Nach jahrzehntelang fehlendem Lichtschutz in den Räumen hätten darüber hinaus die Textilien unter der UV-Strahlung gelitten. Auch „unsensible Elektroinstallationen“, die nun entfernt werden sollen, hätten dazu geführt, dass die Schlösserverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Bauamt Kempten vor rund eineinhalb Jahren mit den Vorarbeiten zu dieser, laut Schlossverwalter Hensel „seit Errichtung des Schlosses noch nie da gewesenen Maßnahme“, begonnen hat.

Außerdem werde eine Lüftungsanlage zur Verbesserung des Klimas für Kunstwerke und Besucher installiert. Dabei greifen die Techniker laut Heiko Oehme auf Warmluftkanäle zurück, die der für seine Technikaffinität bekannte König Ludwig II. bereits seinerzeit habe einbauen lassen. Diese könnten nun, 150 Jahre nachdem das Schloss errichtet wurde, einem neuen Zweck zugeführt werden.  lex/lby

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