München – Wenn es um das Thema Pflege geht, blickt die BRK-Vizepräsidentin Brigitte Meyer besorgt in die Zukunft. In Krankenhäusern und Pflegeheimen müssten ganze Abteilungen geschlossen werden, weil Pflegefachkräfte fehlen, berichtet sie. Die ambulanten Pflegedienste stoßen jetzt bereits an ihre Aufnahmegrenzen. Mit einer ganzen Reihe von Gesetzen hat die Politik auf diese Entwicklung reagiert. „Aber leider stehen in vielen Fällen rechtliche und bürokratische Hürden im Weg, die bei der praktischen Umsetzung auftreten und die Erfolge verhindern“, betont Meyer. Als Beispiel nennt sie das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, durch das in der stationären Altenpflege 13 000 zusätzliche Pflegekräfte eingestellt werden sollen. „Diese 13 000 Kräfte fehlen aber schlicht auf dem Arbeitsmarkt“, erklärt sie. Die Heime würden die zusätzlichen Pflegekräfte jedoch erst bei einer Einstellung nach dem 1. Januar refinanziert bekommen. Die, die ihre Auszubildenden übernommen hatten, weil sie von dem neuen Gesetz wussten, gehen nun leer aus. Und das, obwohl der Fachkräftemarkt leer gefegt sei, betont Meyer.
Deshalb üben die bayerischen Wohlfahrtsverbände auch scharfe Kritik am Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Die Bedingungen seien kleinteilig und praxisfern – und für Geduldete mit gutem Integrationspotenzial teils unerfüllbar. Für die Beschäftigungsduldung müssen neun Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein. Beispielsweise müssen die Personen seit 18 Monaten mindestens 35 Stunden pro Woche gearbeitet haben. Das sei absolut unrealistisch, berichtet Wolfgang Obermair, der stellvertretende BRK-Landesgeschäftsführer. Viele Geflüchtete müssten neben Praktika oder Arbeit Deutschkurse absolvieren, erklärt er. So kommen sie unmöglich auf 35 Stunden. Zudem würden die Verfahren zur Visa-Erteilung und die Prüfung der Unterlagen viel zu lange dauern. „Dabei wäre es die beste Entwicklungshilfe, wenn Menschen hier eine Ausbildung machen können, bevor sie in ihre Heimatländer zurückkehren müssen“, betonte Meyer.
Durch die Ankerzentren habe sich die Situation der Geflüchteten zusätzlich in vielerlei Hinsicht verschlechtert, sagte Brigitte Meyer. Für Ehrenamtliche und die Wohlfahrtsverbände sei es kaum möglich, die Menschen dort zu unterstützen. „Wir halten eine behördenunabhängige Verfahrensberatung für dringend nötig“, betonte sie.
Der Landesverband der Freien Wohlfahrtspflege will sich in diesem Jahr vor allem um die Themen Pflege, Integration und Ehrenamt kümmern. Turnusmäßig ging zum Jahresanfang der Vorsitz vom Diakonie-Präsidenten Pfarrer Michael Bammessel auf die BRK-Vizepräsidentin über. Vergangenes Jahr hatte das Thema „Armut im reichen Bayern“ im Fokus gestanden. Bammessel zog ein gemischtes Fazit: „Es kann niemand mehr sagen, dass Bayern da kein Problem hat“, betonte er, kritisierte aber gleichzeitig, dass im Koalitionsvertrag der neuen Staatsregierung nur allgemeine Absichtserklärungen stehen. „Konkrete Maßnahmen fehlen. Aus unserer Sicht besteht da noch erheblicher Handlungsbedarf.“