München – Neun Monate ist Jens Spahn im Amt. Weil der CDU-Bundesgesundheitsminister seither so einiges angestoßen hat, wird er von vielen als Anpacker gelobt. Die Bilanz der bayerischen Kassenärzte fällt allerdings deutlich kritischer aus. „Ich fände es gut, wenn man sich morgen auf das verlassen könnte, was er heute sagt“, bilanzierte gestern Wolfgang Krombholz, der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). Auch dass es sich bei Spahn um einen Minister handle, der offenbar vor allem das Ziel verfolge, Kanzler zu werden, „hat mich nicht darin bestärkt, ihn gut zu finden“, sagte Krombholz.
Krombholz’ Skepsis nicht gerade verringert hat offensichtlich der Gesetzesentwurf, der morgen zur ersten Lesung in den Bundestag wandert. Das Terminservice- und Versorgungsgesetz soll niedergelassene Kassenärzte verpflichten, ihre Sprechstundenzeiten zu erhöhen – von mindestens 20 auf mindestens 25 Stunden pro Woche. Für die KVB ein „Eingriff in die Freiberuflichkeit und Selbstbestimmung der niedergelassenen Ärzteschaft“.
Schon der Grundtenor des Gesetzes – „die Kultur des Misstrauens, der Kontrollwahn und der enorme bürokratische Aufwand“ – drohe niederlassungswillige Ärzte abzuschrecken, warnte der stellvertretende KVB-Vorsitzende Pedro Schmelz. Dies konterkariere die Bemühungen der KVB, Ärzte und Psychotherapeuten zu fördern, die auf dem Land in eine Praxis einsteigen wollten.
Zwar sagte Krombholz auch, es sei grundsätzlich positiv zu werten, dass Ärzte für zusätzliche Arbeit künftig immerhin auch besser vergütet werden sollen. Tatsächlich aber seien die Praxen schon jetzt „sehr wohl in der Lage, über die Terminvergabe je nach Dringlichkeit der Erkrankung in eigener Verantwortung adäquat zu entscheiden“, betonte Schmelz ganz grundsätzlich.
Dass es an dieser Stelle nicht noch mehr staatliche Reglementierungen brauche, zeige auch die Bilanz der Servicestellen, die 2016 per Gesetz eingereicht wurden, um Facharzttermine zu vermitteln. 2200 dringende Fälle jährlich würden seither auf diesem Weg vermittelt – etwa 180 im Monat. „Zum Vergleich: Die Zahl aller Behandlungsfälle im ambulanten Bereich beträgt 80 Millionen“, sagte Schmelz.
Ärgerlich sei darüber hinaus, dass rund 20 Prozent der über die Servicestelle vermittelten Termine nicht wahrgenommen würden – „ein nicht unerheblicher Teil ohne Absage“.