Eskalation im Ankerzentrum

von Redaktion

Randale und Feuer im Bamberger Ankerzentrum: Nach einer Ruhestörung werfen Asylbewerber Pflastersteine auf Polizisten, dann brennt eine Wohnung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchter Tötung.

VON DOMINIK GÖTTLER

Bamberg – Elf Leichtverletzte, ein Sachschaden von rund 100 000 Euro und Ermittlungen wegen diverser Delikte, darunter besonders schwere Brandstiftung und versuchte Tötung von Polizeibeamten: Das ist die Bilanz eines Großeinsatzes der Polizei im Bamberger Ankerzentrum von der Nacht zum Dienstag. „Das war kein alltäglicher Einsatz“, sagte ein Polizeisprecher des Präsidiums Oberfranken gestern.

Was war passiert? Laut Polizei waren Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes wegen einer Ruhestörung zu einem der Wohngebäude gerufen worden. In der Folge sei es zu Übergriffen durch eine Gruppe von Asylbewerbern aus Eritrea gekommen, die sich schließlich in einer Wohnung im Ankerzentrum verbarrikadierte. Die Mitarbeiter verständigten die Polizei. Als die ersten Streifen eintrafen, flogen bereits Gegenstände in Richtung der Polizisten, so der Sprecher. Darunter seien auch Pflastersteine gewesen. Polizeikräfte aus den umliegenden Regierungsbezirken wurden hinzugezogen, am Ende umstellten rund 100 Beamte das Gebäude.

Und dann brach in der Wohnung auch noch ein Feuer aus. Die Polizei geht davon aus, dass es von Bewohnern gelegt wurde. Um den Rauchschwaden zu entkommen, verließen die Tatverdächtigen schließlich das Gebäude. Acht Männer konnten vorläufig festgenommen werden. Ein neunter hatte sich in einer weiteren Wohnung versteckt und wurde schließlich von Spezialeinsatzkräften widerstandslos festgenommen. Er wurde leicht verletzt, ebenso ein Polizist, der von einer Eisenstange getroffen wurde. Neun Asylbewerber mussten wegen Rauchgasvergiftungen behandelt werden. Die Feuerwehr löschte den Brand. Nach ersten Ermittlungen und Befragungen habe sich der Verdacht gegen vier der gefassten Eritreer erhärtet, teilte die Polizei gestern Nachmittag mit. Wie es mit ihnen weitergeht, soll heute entschieden werden. Dann werden sie dem Ermittlungsrichter vorgeführt.

Die Straftaten können auch Auswirkungen auf das Asylverfahren der Tatverdächtigen haben. So kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach Straftaten in der Regel ein beschleunigtes Asylverfahren durchführen, sodass ein unbegründeter Asylantrag schnell abgelehnt werden kann – unabhängig vom Ausgang des Strafverfahrens. Auch eine Verurteilung kann zur Ablehnung des Asylantrags führen, wenn der Täter eine Gefahr für die Allgemeinheit oder die innere Sicherheit darstellt, erklärt ein Sprecher des Innenministeriums. Erst wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist, könne der Staat Straftäter abschieben. Aber nur, wenn keine Abschiebe-Hindernisse wie etwa Krieg im Herkunftsland oder fehlende Rücknahme-Abkommen vorliegen.

Das Bamberger Ankerzentrum ist eine von sieben Einrichtungen dieser Art in Bayern, in denen die Asylverfahren für Migranten ohne Bleiberecht beschleunigt werden sollen. Derzeit sind in Bamberg knapp 1300 Asylbewerber untergebracht. Eritreer sind nach russischen Staatsangehörigen die zweitgrößte Gruppe. Immer wieder muss die Polizei dort anrücken. Nachdem es im Stadtgebiet vermehrt zu Ladendiebstählen gekommen war, hatte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die örtliche Polizeiinspektion um 23 Beamte aufgestockt. Zuletzt hatte im September ein Großbrand ein Gebäude der Bamberger Unterkunft zerstört. Die Schäden waren so massiv, dass die Brandursache nicht mehr geklärt werden konnte. Allerdings betont das Innenministerium auch: „Die Häufigkeit polizeilicher Einsätze in den Ankerzentren ist seit 2016 auf annähernd gleichbleibendem Niveau.“

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