Vor Gericht: Studentinnen retten Essen vor dem Wegwerfen

von Redaktion

Olching/Fürstenfeldbruck – Es ist bereits weit nach Ladenschluss, als sich zwei junge Frauen einer Supermarktfiliale nähern. Sie steuern aber nicht auf die Eingangstür zu, sondern direkt in Richtung Müllcontainer, zu einem kleinen Verschlag auf der Rückseite des Gebäudes. Gerade als sie fertig sind, ihre Taschen mit weggeworfenen Lebensmitteln zu füllen, taucht eine Polizeistreife auf. Konsequenz der nächtlichen Containertour: Eine Anklage wegen schweren Diebstahls.

Die beiden Frauen heißen Caro (27) und Franzi (25) und sind Studentinnen in München. Sie engagieren sich gegen Lebensmittelverschwendung und betreiben Containern. Dabei geht es darum, noch verwertbare Lebensmittel aus den Abfalltonnen von Supermärkten und Restaurants zu retten. Denn diese sind verpflichtet, abgelaufene Waren zu entsorgen. Doch vieles davon ist durchaus noch essbar.

Lebensmittel im Wert von 100 Euro haben die zwei Frauen aus der Tonne mitgenommen. „Aber wir wurden behandelt wie Schwerverbrecher“, sagt Caro. Immerhin kam es zu zwei Anzeigen wegen Diebstahls und der Forderung der Staatsanwaltschaft: 1200 Euro Strafe pro Person. Beide Frauen weigerten sich das Geld zu bezahlen und ließen es auf einen Prozess ankommen – dieser sollte im Oktober stattfinden. Inzwischen ist er jedoch schon zweimal verschoben worden und auch die Staatsanwaltschaft hat die geforderte Strafe drastisch gesenkt: weil es sich bei den Lebensmitteln um geringwertige Sachen handle. Acht Sozialstunden – abzuleisten bei der Brucker Tafel – war die letzte Forderung.

Doch auch das wollen Caro und Franzi nicht akzeptieren. „Wir würden gerne für die Tafel arbeiten“, sagt Franzi, doch es geht den beiden um die Sache. „Containern ist kein Verbrechen“ ist ihr Motto und ihr Ziel ist die Legalisierung.

Gestern Morgen kamen circa 50 Demonstranten auf den Hauptplatz in Fürstenfeldbruck zusammen, um den Kampf der Studentinnen zu unterstützen. Für die frierende Menge wurde Tee und Punsch aus einem umgebauten Müllcontainer verteilt. „Wir sind froh, dass trotz der Kälte so viele gekommen sind“, sagt Caro. „Dass Containern ein Verbrechen ist, ist Blödsinn“, sagt auch Ates Gürpinar von der Linkspartei aus München. Den Linken geht es vor allem um den ökologischen und sozialen Aspekt. „Wir müssen mit Gesetzen gegen die Verschwendung vorgehen – so wie in Frankreich“, meint Gürpinar. Dort verbietet ein Gesetz den Supermärkten, Essen wegzuwerfen.

Auch die Starnbergerin Claudia Ruthner ist da. Sie hat mit einer Petition 1,2 Millionen Stimmen gegen Lebensmittelverschwendung gesammelt. Die Demonstration soll auf zwei weitere Fälle des Containerns aufmerksam machen, die derzeit vor Gericht verhandelt werden. „Wenn wir die Demo hier nicht machen, würden unser Kampf und das Problem einfach wieder vergessen werden“, sagt Caro. Ob die beiden sich tatsächlich in einem Prozess verantworten müssen oder ob das Verfahren eingestellt wird, ist noch offen. THOMAS ELDERSCH

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