München – Sein Büro ist noch ziemlich kahl. Die einzigen Farbtupfer im Zimmer des neuen Umweltministers Thorsten Glauber (48 Jahre, Freie Wähler) sind ein kleiner Blumenstrauß, seine knallblauen Schuhe und sein rotes Uhrenband. „Zum Einrichten war einfach noch keine Zeit“, sagt der ehemalige Architekt. Zuerst heißt es: Einarbeiten, solang die Puste reicht. Denn mit dem Koalitionsvertrag haben sich für das Ministerium schon neue Baustellen ergeben. Zum Beispiel entlang der Donau.
Ministerpräsident Söder hat angekündigt, die neue Staatsregierung werde grüner – auch ohne die Grünen. Sind Sie das grüne Feigenblatt?
Auf keinen Fall. Ich fühle mich als derjenige, der die Verantwortung übertragen bekommen hat, im Umweltschutz etwas anzupacken. Und der Koalitionsvertrag gibt mir viele Möglichkeiten.
Die Umweltfragen im Vertrag hat vor allem Ihr Vorgänger Marcel Huber ausgehandelt. Bleibt da Platz für eigene Akzente?
Ich war einer der Freien Wähler, die von Anfang an bei den Verhandlungen dabei waren. Der Koalitionsvertrag trägt also ganz stark auch meine Handschrift. Deswegen finde ich mich im Umweltkapitel sehr gut wieder. Dass wir eine Agentur für Energie- und Klimaschutz gründen werden, ist mir besonders wichtig. Und auch, dass die Schutzzone C am Riedberger Horn wieder geheilt wird.
Für Ärger sorgt die Entscheidung, drei Flutpolder entlang der Donau nicht mehr weiter zu verfolgen. Der Vorwurf lautet, hier hätten die Freien Wähler Spezlwirtschaft betrieben.
Mit der Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag habe ich natürlich erst mal einen Arbeitsauftrag. Aktuell werden zwei Gutachten bewertet, die sich mit der Wirksamkeit von Flutpoldern und dem Schutz der Anwohner vor Grundwasser auseinandersetzen. Diese Gutachten müssen Teil der Debatte werden. Wir müssen abwägen, welche Hochwasserschutzmaßnahmen zeitlich sinnvoll, bezahlbar und wirksam sind. Dazu will ich alle Fakten auf dem Tisch liegen haben.
Und wenn die Fakten doch für die Polder sprechen?
Wenn am Ende herauskommt, dass ein Polder die sinnvollste Lösung ist, dann werde ich das im Kabinett so vorstellen. Wichtig ist mir aber, dass wir den Hochwasserschutz nicht nur am Thema Polder festmachen. Es geht um viel mehr. Wir brauchen zügig einen umfassenden Grundschutz für die Menschen. Wir wollen Bayern hochwasserfest machen. Und wir wollen dezentral vorankommen. Zum Beispiel an den Gewässern dritter Ordnung. Da haben die Gemeinden Gewässerentwicklungspläne, die umgesetzt werden müssen. Wenn wir hier gut vorsorgen, kommt in den großen Flüssen wie der Donau im Ernstfall gar nicht so viel Wasser an.
Ein ewiges Thema für den Umweltminister ist der Wolf. Der lange angekündigte Aktionsplan ist immer noch nicht in Kraft.
Ich hoffe, dass er im Januar oder Februar in Kraft tritt. Es ist wichtig, dass das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium hier an einem Strang ziehen. Auch die Verbände sind eingebunden.
Wie stehen Sie denn zur Forderung nach „wolfsfreien Zonen“?
Wir sollten nicht in zu engen Räumen denken, dafür ist der Wanderradius des Wolfs zu groß. Es gilt also abzuwägen. Ich verstehe, dass die Almbauern an ihren Tieren hängen und dass es ihnen um mehr geht als nur den wirtschaftlichen Schaden eines Wolfsrisses. Aber wir können den Wolf nicht einfach ohne rechtssichere Begründung schießen. Klar ist aber auch: Die Sicherheit der Menschen steht an oberster Stelle.
Ende Januar startet das Volksbegehren zur Rettung der Bienen. Ein Thema, das Ihnen als Umweltminister auch am Herzen liegen dürfte, oder?
Das Artensterben müssen wir ernst nehmen, da gibt es dringenden Handlungsbedarf. Unser neues Zentrum für Artenschutz in Augsburg soll ein entscheidender Baustein werden, um hier gegenzusteuern. Das Volksbegehren wird die Aufmerksamkeit für das Artensterben noch einmal verstärken. Das will ich nutzen, um das Thema auch im Landtag und im Kabinett noch stärker in die Köpfe zu bringen. Wir setzen auf vielfältige Maßnahmen wie den Blühpakt Bayern, mit denen wir den natürlichen Reichtum unserer Heimat bewahren. Das Volksbegehren ändert daran nichts.
Teile der CSU-Fraktion wirken von dem grünen Anstrich nicht so begeistert wie der Ministerpräsident. Wird das ein Problem?
Ich werde mich nicht als Minister hinstellen und allen anderen sagen: So wird’s gemacht. Das ist nicht meine Art. Ich werde den Konsens suchen – auch mit der CSU-Fraktion. Es wird nur zusammen funktionieren.
Die Grünen liebäugeln schon mit einem neuen Anlauf ihres Flächenfraß-Begehrens.
Bei diesem Thema brauchen wir die Grünen nicht. Unsere Zielsetzung von fünf Hektar pro Tag haben wir festgeschrieben. Für die Änderung des Alpenplans müssen wir ohnehin an den Landesentwicklungsplan ran, da können wir die Themen Flächenverbrauch und Anbindegebot auch mit angehen. Als Kommunalpolitiker aus dem ländlichen Raum kann ich nur dafür plädieren, die Maxime „Innen vor Außen“ noch mehr in den Blick zu nehmen. Eine 20-Jährige sucht in der Regel keine 100-Quadratmeter-Wohnung am Ortsrand, sondern eine 50-Quadratmeter-Wohnung im Ortskern. Hier müssen wir aktiv werden, statt im Außenbereich die Flächen anzufassen.
Sie haben die 10-H-Regelung lange bekämpft. Jetzt bleibt alles wie gehabt. Das muss Sie doch ärgern.
So ist das, wenn man einen Koalitionsvertrag aushandelt. Nicht alles, was man sich vorstellt, bringt man mit nach Hause. Ich hoffe, dass meine Moderation mit den Kommunen dazu beiträgt, dass der Windkraft-Ausbau in Bayern wieder Fahrt aufnimmt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien gemeinsam mit den Bürgern ist ein entscheidender Faktor für den Klimaschutz in Bayern.
Interview: Dominik Göttler