Pullach/Berlin – Die weiße Präsidenten-Villa auf dem riesigen Gelände der früheren BND-Zentrale in Pullach (Kreis München) wirkt verlassen. Bruno Kahl nutzt sein Büro im ersten Stock nicht mehr. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes ist schon im Sommer endgültig ins neue Hauptquartier im Zentrum Berlins gezogen. Bis Ende November sind 4000 der 6500 Geheimen in den hochmodernen Bau gewechselt. Der Umzug des Auslandsgeheimdienstes hat ein Jahr gedauert, jetzt ist er so gut wie abgeschlossen. Die meisten Agenten kamen aus Pullach, viele aus anderen Standorten.
Gut 70 Jahre hatte der BND-Präsident in Pullach residiert. Das alte Chefbüro liegt im Schlafzimmer jener Villa, die der Hitler-Vertraute Martin Bormann für sich und seine Familie gebaut hatte. Deren Musikzimmer diente lange als BND-Besprechungsraum. An der mit Holz vertäfelten Wand hängt ein Porträt Friedrichs des Großen – der Preußenkönig war ein Vorbild Hitlers.
Ein paar hundert Meter entfernt von der Präsidentenvilla tragen zehn Packer einer Speditionsfirma an diesem Freitagmorgen Kisten und Container aus den Bürogebäuden. Es ist noch dunkel, als der BND-Umzugsmanager die Sicherheitsphilosophie erklärt: „Es darf nix flöten gehen.“ Der Referatsleiter ist für den Gesamtumzug zuständig. Er wirkt wie der Projektmanager eines normalen Großunternehmens. „Wir haben unseren Job gut gemacht, wenn keiner ihn mitkriegt“, sagt der Mann, der seinen Namen lieber nicht in den Medien lesen will. Nichts darf den Transport der Akten und Spezialapparate gefährden. Auch der Arbeits- und Analysebetrieb darf nicht unterbrochen werden. Motto: Krisen schlafen nicht.
Seit November sind viele der 93 Gebäude auf dem abgeriegelten 68-Hektar-Areal an der Heilmannstraße in Pullach schon geräumt. Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund sieht den Umzug als Chance. Sie hofft, dass ein Teil des Geländes zum Dokumentationszentrum umgewidmet wird. Einzelne Gebäude würden sich „auf alle Fälle“ für eine Volkshochschule oder einen Kindergarten eignen.
30 BND-Umzugshelfer haben sich an diesem Tag gemeldet. Für die Packer des Spediteurs schließen sie die penibel abgeriegelten Arbeitsräume auf und zu. Mit acht Umzugskisten muss jeder BNDler im Schnitt auskommen. In mehreren Tranchen werden allein aus Pullach fast 32 000 Kartons in die neue Zentrale verfrachtet. Aus allen Liegenschaften zusammen sind es rund 100 000 Kartons. Die Transportaktion ist so geheim, dass für Fotos spezielle Kartons verwendet werden und der Schriftzug auf dem Lkw abgeklebt werden muss. „Nachtsprung“ sagen sie beim BND dazu, wenn die Lastwagen zwischen Freitag und Sonntag die rund 600 Kilometer von Pullach nach Berlin rollen. Nicht von der Polizei, sondern von BND-eigenem Sicherheitspersonal werden die Laster begleitet – das ist unauffälliger. Sogar ein Werkstattwagen fährt mit, falls es eine Panne gibt.
BND-Präsident Kahl spricht von einer Herausforderung, „den Dienstbetrieb am Laufen zu halten, während wir umgezogen sind“. Es habe zudem klar sein müssen, „in ein Haus zu kommen, was sicher ist, wo man uns nicht abhört. Das hat Gott sei Dank alles hingehauen“, sagt der 56-Jährige erleichtert.