Rottenbuch/Kissing – Gäbe es bei der Wahl zur bayerischen Weißwurstkönigin ein Wett–essen, Sushila Sara Mai würde es wohl gewinnen. Sechs Weißwürste hat sie direkt hintereinander verdrückt – mit gerade mal drei Jahren. Zumindest haben das ihre Adoptiveltern später erzählt.
Mai wurde 1978 in Kalkutta geboren. Das Waisenhaus Mutter Teresas verließ sie 1981 Richtung Bayern. „Bis auf das Aussehen verbindet mich nichts mit Indien“, sagt sie. Und trotzdem wird sie immer wieder darauf reduziert: auf ihre Hautfarbe, auf ihr vermeintliches Anderssein. Im vergangenen Dezember hatte sie sich mit einem Brief an unsere Zeitung gewandt und über den Alltagsrassismus berichtet, den sie täglich spüre. Sie müsse sich Sätze wie „Du sprechen Deutsch?“ anhören, im Bus verweigerten ihr Menschen den Platz neben ihnen. Das ist Mai kürzlich wieder mal im Zug passiert, erzählt sie. „Für Sie nicht“, raunte ihr eine Frau zu.
Regelmäßig wird Mai als Ausländerin behandelt, abgestempelt und diskriminiert. Dabei ist die heute 40-Jährige in Rottenbuch (Kreis Weilheim-Schongau) aufgewachsen. Mittlerweile lebt sie in Kissing (Kreis Aichach-Friedberg), zieht gerne ein Dirndl an und spricht Bairisch: „I muas mi ned integrieren. I bin a boarischs Urviech“, sagt sie. Als sie erfuhr, dass sie es unter 55 Bewerberinnen ins Finale der Wahl zur Weißwurstkönigin geschafft hat, empfand sie pure Dankbarkeit. „Schon die Nominierung ist eine Sensation für mich. Es ist schön, dass es Menschen gibt, die mich als bayerisch anerkennen, nicht nur Klischees wollen und offen für Untypisches sind.“
Am heutigen Samstag müssen die sieben Finalistinnen in Bodenmais (Kreis Regen) eine Jury mit der Bewältigung – noch geheimer – Aufgaben überzeugen. Es ist die sechste Auflage der Veranstaltung, die die Metzger-Innung Arber Land organisiert. Die Weißwurstkönigin wirbt auf Messen und Veranstaltungen dafür, dass man das kulinarische Kulturgut gefälligst mit Brezn und süßem Senf isst. Sie macht sich stark für das Metzgerhandwerk und Qualitätsfleisch. Sushila Sara Mai würde bei einem Sieg noch eine größere Botschaft vertreten, sagt sie: „Bayern ist bunt. Für mich wäre das wie ein politisches Amt.“
Seit Mai öffentlich in unserer Zeitung über Anfeindungen gesprochen hat, müsse sie weniger davon erleben. So selbstbewusst und offensiv sie auftritt, taugt sie zum Vorbild für andere, die täglich mit Diskriminierungen zu kämpfen haben. Als Schauspielerin weiß sie sich in Szene zu setzen.
Doch gerade in der Filmbranche gilt sie noch zu oft als „die Inderin“ – „dabei kann ich weder tanzen wie eine noch weiß ich, wie man einen Sari bindet“. Zwei Dinge, die Regisseure schon von ihr verlangten. Zusammen mit Kollegen mit Migrationshintergrund hat Mai die Facebook-Seite „Derf’s a bissl bunter sein?“ gegründet. Die Schauspieler fordern deutsche Rollen ohne Anspielungen auf ihre Hautfarbe und Herkunft. Manchmal klappt das: Demnächst ist Mai in der ARD-Komödie „Sie sucht ihn“ als deutsche Ärztin mit deutschem Namen zu sehen. „Ich heiße Dr. Hartmann. Das ist ein Meilenstein für mich.“