Königsdorf – Robert P. springt wütend auf. Pausenlos hat er auf seinen Verteidiger Benjamin Ruhlmann eingeredet, während der Vorsitzende des Schwurgerichts München II, Thomas Bott, detailliert das Urteil verkündete. Robert P. ist wütend, soeben hat er die höchste Strafe kassiert, die ein deutsches Gericht verhängen kann. Die blitzartig aufgeschnellten Polizeibeamten umstellen ihn sofort. Der 44-Jährige lässt sich wieder auf seinen Platz sinken, mault etwas von „verhandlungsunfähig“ – und kassiert vom Richter den Hinweis, dass er nicht mehr verhandlungsfähig sein, sondern nur zuhören müsse.
Der 25-jährige mitangeklagte Neffe und der 34-jährige Spezl aus dem Raum Bamberg sitzen mehr oder weniger teilnahmslos auf der Anklagebank. Sie sind ebenfalls wegen Mordes aus Heimtücke, Habgier und Grausamkeit zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Im Fall des Neffen erkennt das Schwurgericht auch die besondere Schwere der Schuld an. Von einer Sicherungsverwahrung sieht es bei den beiden ab.
Roberts 50-jährige Schwester Malga L. wirkt hingegen gefasst. Sie ist als Einzige zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Sie war es, die ihrem Bruder, dem Haupttäter, im Februar 2017 den Hinweis gegeben hatte, dass im Haus einer 76-jährigen Witwe in Höfen bei Königsdorf (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) erhebliche Summen an Bargeld zu holen seien. Malga L. hatte im Herbst 2016 den schwer kranken Ehemann der wohlhabenden Witwe gepflegt. Sie wusste, dass es im Keller des Hauses einen Tresor gab, in dem viel Geld lagerte. 116 000 Euro sollte später die Beute betragen. Doch Malga L. konnte nicht ahnen, dass ihr Bruder mit seinen Komplizen ein derartiges Blutbad anrichten würde. Die Angeklagten hatten später von einer Tragödie gesprochen, Richter Bott bezeichnete ihr Vorgehen nüchtern als Tatplanerweiterung. Das Täter-Trio hatte sich demnach in Polen lediglich darauf eingestellt, die ältere Dame zu überwältigen und die Beute aus dem Haus zu schaffen. Doch dann bemerkten sie am Abend des 22. Februars 2017, dass bei ihr ein 81-Jähriger und eine 76-Jährige übernachteten. Sie entschieden sich, alle Personen ruhigzustellen, um keine „Schneiderfahrt“ unternommen zu haben. Nur die Witwe überlebte. „In der Gesamtschau hat das mit tragischen Geschehensabläufen wenig zu tun“, betont der Richter.
Anhand der Blutspurenlage und des Geständnisses des 34-Jährigen rekapituliert er das Geschehen komplett anders, als es die Angeklagten halbwegs eingeräumt hatten. Demnach waren die drei Männer zunächst zielstrebig in das Obergeschoss eingedrungen, um die Senioren ruhigzustellen. Dabei schlugen sie mit unglaublicher Brutalität auf die beiden Frauen ein. Die 76-Jährigen leisteten rasch keine Gegenwehr mehr, der Mann wurde von Robert P. furchtbar gequält. Der 44-Jährige stach ihm einen Schraubenzieher durch beide Backen und trat ihm mehrfach gegen den Kopf. Anschließend sperrte er die beiden noch Lebenden im Keller ein. „Nun“, sagt der Richter, „hatten alle beide Hände frei, um sich um die Beute zu kümmern.“
Von ihrer geschilderten Zugedröhntheit mit Drogen will Bott nichts wissen. Das „Leistungsbild“, das die Männer gezeigt hätten, sei vollkommen intakt gewesen. Die Berauschung habe nur eine untergeordnete Rolle gespielt, erklärt der Richter. Beschaffungskriminalität lässt Bott ebenfalls nicht gelten. „Es gab keine finanzielle Not, man wollte insgesamt die finanzielle Situation aufbessern“, sagt er. Robert P.s Verteidiger kündigte bereits an, Revision gegen das Urteil einlegen zu wollen.