München – Wenige Wochen vor der Wahl am 14. Oktober ist klar: Der nächste bayerische Landtag wird ganz anders aussehen als bisher. Der CSU steht nach allen aktuellen Umfragen der Verlust der absoluten Mehrheit bevor, es wird also voraussichtlich künftig eine Koalitionsregierung geben. Und bis zu sieben Parteien könnten diesmal ins Maximilianeum einziehen – darunter ist sehr sicher auch die AfD.
Aber auch in den Reihen der bisherigen vier Fraktionen, bei CSU, SPD, Freien Wählern und Grünen, gibt es einen großen Personal- und Generationswechsel: 39 der 180 Abgeordneten treten nicht mehr zur Wahl an: 19 von der CSU, 13 von der SPD, zwei von den Freien Wählern und fünf von den Grünen. Prozentual am größten ist der Schwund bei der SPD: Dort treten 30 Prozent aller derzeitigen Landtagsabgeordneten nicht mehr an. Die Plenarsitzung am Donnerstag wird deren letzte sein.
Zu den 39 hinzu kommen möglicherweise noch mindestens zwei prominente CSU-Abgeordnete, die nur auf der Liste kandidieren und wegen der zu erwartenden CSU-Verluste den Sprung in den Landtag verpassen dürften. Eine von beiden ist Landtagspräsidentin Barbara Stamm, der andere ist der ehemalige Wissenschaftsminister Thomas Goppel.
Fix ist schon, dass es einen neuen Alterspräsidenten geben wird. Peter Paul Gantzer (SPD), 79 Jahre alt und seit 40 Jahren im Parlament, scheidet aus. Entschieden hat das der Oberst der Reserve schon vor fünf Jahren. „Es war eine unglaublich schöne Zeit“, sagt Gantzer rückblickend. Und doch tut es ihm weh, gerade jetzt, da die SPD-Umfragewerte im Keller sind, auszuscheiden. „Ich bin nicht sauer, ich bin nicht zornig, ich bin einfach nur traurig“, sagt er. Und eines bedauert er dann doch ganz besonders: dass er in Landtagsdebatten nicht gegen die AfD ankämpfen kann. „Daran hätte ich schon noch Spaß gehabt, zu fechten und die in die Schranken zu weisen.“ Er freut sich dagegen nun auf noch mehr Fallschirmsprünge pro Jahr als bisher. Nach 28 Jahren im Landtag scheidet auch der SPD-Abgeordnete Franz Schindler aus, der als Rechtsexperte über die Fraktionsgrenzen hinweg anerkannt ist. „Ich habe mir das selbst ausgesucht“, sagt der Oberpfälzer. „Ich gebe dem Wähler keine Chance, mich abzuwählen.“ Und tut es weh? „Je nachdem, wie’s für die SPD ausgeht.“ Schindler aber bleibt in der Kommunalpolitik, in der SPD und ehrenamtlich aktiv. Christian Magerl (Grüne) kehrt dem Landtag nach insgesamt 27 Jahren den Rücken. Die Entscheidung habe er schon länger getroffen. „Es war eine sehr schöne Zeit – aber irgendwann ist’s dann auch genug“, sagt er. „Jetzt sollen’s die Jungen machen. An alten Herrschaften haben wir hier im Landtag keinen Mangel.“ Die Grünen verlieren mit Ulrike Gote zudem ihre derzeitige Landtagsvizepräsidentin, nach 20 Jahren. Sie hat bereits ein neues Ziel: das Europaparlament.
Bei der CSU scheiden auch die ehemaligen Staatsminister Otmar Bernhard, Christine Haderthauer, Emilia Müller und Helmut Brunner aus. Brunner beispielsweise, der bis zum Frühjahr Agrarminister war, blickt auf 24 Jahre im Landtag zurück. Er freue sich darauf, wieder mehr Zeit für seinen Hof zu haben, sagt er.
Doch nicht jeder Übergang in den nächsten Lebensabschnitt läuft gänzlich problemlos – auch nicht bei den prominenten Parlamentariern. Erwin Huber beispielsweise, ebenfalls seit 1978 im Landtag, will künftig Philosophie studieren. Dafür muss er aber zu Hause auf die Suche nach einem Stück Papier gehen: „Ich muss mein Abiturzeugnis suchen, damit ich mich überhaupt einschreiben kann.“