„Wenn Unrecht zu Recht wird“

von Redaktion

Justizopfer demonstrieren auf dem Münchner Marienplatz für Reformen – Gustl Mollath hält emotionale Rede

München – Mit seinem weißen Hut erkennt ihn nicht jeder, aber für viele ist er hier ein Star: Gustl Mollath, das bekannteste Justizopfer Bayerns, wird auf dem Münchner Marienplatz belagert. Alle paar Minuten spricht ihn jemand an, geduldig erfüllt er jeden Fotowunsch. Mit ruhiger Stimme unterhält er sich mit Menschen, die Ähnliches erlebt haben.

Eine Stunde später auf dem Podium ist er nicht wiederzuerkennen. Im Gegensatz zu seinen Vorrednern schreit Mollath ins Mikrofon: „Ich habe über sieben Jahre hinter den Kulissen Bayerns verbracht. Manche forensische Psychiatrien sind härter als die schlimmsten Gefängnisse.“ Der Nürnberger war 2006 zu Unrecht als gemeingefährlicher Geisteskranker eingestuft und in den Maßregelvollzug eingewiesen worden. Gestern kam er zur Kundgebung für Justizopfer und gegen das Ende Mai verschärfte Polizeiaufgabengesetz.

„Wenn Unrecht zu Recht wird“ steht auf dem offenen Laster, der als Bühne dient. Davor sind vier Bierbankreihen gefüllt, ein paar Interessierte hören im Hintergrund zu. Initiiert hat die Kundgebung der Niederbayer Horst Glanzer. Teilnehmen kann die selbst ernannte „Ein-Mann-Bürgerwehr“ wegen Krankheit nicht. Glanzer setzt sich seit vielen Jahren für Patientenrechte ein, mit seiner Hartnäckigkeit hat er zu mehreren Gesetzesänderungen auf Bundesebene beigetragen – unter anderem zur Sicherstellung der Neutralität von gerichtlich bestellten Gutachtern. Im Jahr 2003 hatten ihm Versicherungen Zahlungen für eine OP verweigert. Die Verzögerung habe sein Leben bedroht, sagt Glanzer. Es war der Auslöser für seinen Kampf, der bis heute andauert.

Neben Eva Bulling-Schröter, Spitzenkandidatin der Linken bei der Landtagswahl, unterstützt der Grünen-Abgeordnete Markus Ganserer die Demo. Er fordert einen Entschädigungsfonds für Justizopfer und eine unabhängige Beschwerdestelle für Bürger. „Bayerns Justiz ist grundsätzlich gut – macht aber auch Fehler und braucht deshalb dringend Reformen.“ Mollath kritisiert die fehlende Transparenz in Gerichtssälen: „Man wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, jede Verhandlung aufzuzeichnen.“ gma

Artikel 15 von 15