München – Antisemitismus ist eine alltägliche Erfahrung von Juden in Bayern. Zu diesem Ergebnis kommt eine 64-seitige Problembeschreibung der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (Rias). Mit 20 Interviews mit Vertretern jüdischer Vereine und Einrichtungen sowie Ansprechpersonen ist die Datengrundlage der Studie noch begrenzt. Vergleiche mit anderen Bundesländern sollen folgen.
Ein Ergebnis der Studie: Zwar beurteilt die Mehrheit der Befragten ihre Beziehungen zu Politik und Polizei sowie deren mit Antisemitismus als gut, fast alle kannten aber antisemitische Handlungen aus dem Alltag. Im ländlichen Raum stammten diese meist von Rechtsradikalen, in Großstädten von Menschen, die ihren Antisemitismus mit dem Islam rechtfertigen.
Ein Viertel der Befragten waren wegen ihres Jüdisch-Seins beschimpft worden. Dennoch hatten nur ein Teil die Beleidigungen zur Anzeige gebracht. Gründe dafür reichen von den Kosten der Anzeige bis zu den als langwierig empfundenen Prozessen und der Unsicherheit, ob die Gerichte den antisemitischen Hintergrund der Tat erkennen. Dadurch unterschätzen Behörden und Öffentlichkeit das Phänomen Antisemitismus, kritisiert Rias-Leiter Benjamin Steinitz.
Um dem gegenzusteuern, wird der Bayerische Jugendring (BJR) eine Meldestelle für die Opfer von Antisemitismus aufbauen. „Diese soll die Vorfälle sammeln und darstellen, um die Öffentlichkeit für das volle Ausmaß der Problematik zu sensibilisieren“, so BJR-Präsident Matthias Fack. Er merke in seiner Arbeit täglich, welchen Schaden antisemitische Beleidigungen anrichten. „Das darf man nicht verniedlichen.“ cma