Abfallentsorgung an Badeseen

Wenn das Ufer zur Müllhalde wird

von Redaktion

München – Der Eibsee verdankt es seinem grün-blauen Wasser, dass er die „bayerische Karibik“ genannt wird. Doch an manchen Tagen sieht es dort so gar nicht karibisch aus. Überquellende Mülltonnen, Abfälle im See oder am Ufer. Sandro Leitner ist abends oft sprachlos. Er ist der Vorsitzende der Wasserwacht Grainau (Kreis Garmisch-Partenkirchen). „Vor einigen Tagen haben wir nach dem Dienst den Müll eingesammelt“, erzählt er. Innerhalb kürzester Zeit waren drei 20 Kilo schwere Säcke gefüllt.

Das Müll-Problem gibt es nicht nur am Eibsee. Überall an den bayerischen Badegewässern ist in diesem Sommer viel Betrieb – und überall bleibt viel Müll zurück, berichtet Hermann Schattenkirchner aus dem niederbayerischen Plattling. Er ist Naturschutzbeauftragter der Wasserwacht Bayern und beobachtet das Problem seit zehn Jahren. „Es wird immer schlimmer“, sagt er. Verstehen kann er das Problem nicht. „Was man voll mit an den See nimmt, kann man doch schließlich auch leer wieder mit zurücknehmen“, sagt er. Doch so einfach scheint es nicht zu sein. Denn nicht einmal Mülltonnen und Hinweisschilder haben bisher geholfen, das Problem in den Griff zu bekommen.

Hermann Schattenkirchner ärgert sich über den liegen gelassenen Müll so sehr, dass er nicht müde wird, die Badegäste darauf anzusprechen. Die Antwort, die er bekommt, ist meist dieselbe: „Das waren wir nicht.“

Besonders problematisch seien die Nächte, berichtet er. „Bei uns in der Region gibt es viele Baggerseen, an denen Jugendliche abends gerne feiern – das ist erlaubt.“ Doch die Plätze sind am nächsten Tag kaum wiederzuerkennen. Glasflaschen werden oft zurückgelassen, manchmal auch als Scherbenhaufen. „Wenn Alkohol im Spiel ist, wird das Problem noch größer“, sagt Schattenkirchner. „Die Gemeinde kennt das Problem – ist aber machtlos.“

Eine ähnliche Situation gibt es auch am Schrecksee – nur dass es sich dabei um keinen Baggersee handelt, sondern um einen Bergsee im Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen. Dort ist Zelten verboten, Müll zurücklassen sowieso – doch die Hinweisschilder bringen nicht viel, berichtet Florian Vogel, Sprecher des Landratsamtes Oberallgäu. „Das Müllproblem am Schrecksee ist seit einigen Jahren groß.“ Die Gemeinde Bad Hindelang hat deshalb nun die Polizei um Amtshilfe gebeten. Schon den ganzen Sommer über finden am Schrecksee unregelmäßig Kontrollen statt. Für die Beamten bedeutet das einen dreistündigen Aufstieg – doch es lohnt sich. Gegen 30 Personen wurde bereits Anzeige erstattet, berichtet Vogel. Diese Kontrollen würden bereits Wirkung zeigen, berichtet eine Mitarbeiterin der Tourist Information Bad Hindelang. „Das Müllproblem ist etwas kleiner geworden – aber am Ziel sind wir noch lange nicht.“

Die Gemeinde Karlsfeld im Kreis Dachau geht einen ähnlichen Weg. Sie hat einen privaten Ordnungsdienst engagiert, der Badegäste am Karlsfelder See auf Verstöße hinweist. Die Polizei rufen oder die Täter festhalten dürfen die Mitarbeiter jedoch nur bei groben Verstößen. Sonst dürfen sie nicht einmal die Personalien aufnehmen.

Auch Sandro Leitner aus Grainau und seinen Wasserwacht-Kollegen bleibt nichts anderes übrig, als den Müll weiterhin wegzuräumen. Nicht nur der Natur zuliebe – sondern auch, weil er ein anderes Problem mit sich bringt: „Die Essens- und Getränkeverpackungen locken viele Wespen an, die Leute werden reihenweise gestochen“, erklärt er. Verarzten muss sie die Wasserwacht.

Leitner hofft darauf, dass es irgendwann ein Umdenken gibt und die Badegäste wieder respektvoller mit der Natur umgehen. Deshalb geben die Wasserwachtler nicht auf und sprechen die Menschen, die ihren Müll achtlos entsorgen, weiterhin an. Gewöhnen werden sie sich an das Müll-Problem aber nicht, glaubt Leitner. Erst vor wenigen Tagen konnte er wieder kaum glauben, was er sieht. „Ein Mann wollte seine Gasbrenner-Kartusche einfach in den See werfen.“ Die Wasserwacht konnte das gerade noch verhindern.  tab/kwo/itz

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