Ausbau der Zentralstelle Cybercrime

Nepper, Hacker, Kinderschänder

von Redaktion

von Josef Ametsbichler

München/Bamberg – Bei den aktuellen Temperaturen hört sich die Ansage von Bayerns Justizminister an Internetkriminelle fast verlockend an: „Eisigen Gegenwind auf voller Breitseite“ verspricht Winfried Bausback (CSU) jenen, die mithilfe der Anonymität im Netz gegen das Gesetz verstoßen. Damit es nicht bei einem lauen Lüftchen bleibt, was juristische Konsequenzen für die Täter angeht, hat der Freistaat im oberfränkischen Bamberg Kräfte gebündelt. Seit 2015 sitzt dort die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCS). Bausback zählt sie zu den stolzesten Errungenschaften seiner Amtszeit.

Seit der Gründung ist die Behörde von zwei auf neun Staatsanwalts-Stellen angewachsen. Bis zum Jahresende kommen noch vier weitere hinzu, kündigte der Minister gestern im Münchner Justizpalast an. Denn den Netz-Ermittlern geht die Arbeit nicht aus; im Gegenteil: Landeten 2015 noch 478 Verfahren in Bamberg, waren es im vergangenen Jahr schon 2081 – und 2018 dürften es laut Prognose an die 3500 werden.

Tauschbörsen für Kinderpornographie, Erpressungsversuche via E-Mail, illegal entschlüsseltes Bezahlfernsehen, Drogen- und Waffenhandel über das Darknet, Verkauf von raubkopierten E-Books oder Betrug mit nicht existenten Versandartikeln: Jede Polizeidienststelle in Bayern kann jene Fälle an die ZCS übergeben, bei denen organisierte Kriminalität, hohes Schadenspotenzial oder neuartige kriminelle Strategien im Raum stehen. Seit gestern ist die ZCB auch für Wirtschafts-Cybercrime zuständig und soll Angriffe auf Unternehmen, Behörden und zentrale Infrastruktur bekämpfen. „Hier haben wir echten Handlungsbedarf“, sagte Bausback. So gebe es täglich allein bis zu 40 000 Angriffsversuche auf das bayerische IT-Behördennetz.

Deutlich mehr als die Hälfte aller Ermittlungsverfahren versandet allerdings im digitalen Nirwana, teilt das ZCB auf Nachfrage mit. Mal gebe es nicht genug Beweise, mal seien Täter oder wichtige Zeugen nicht aufzufinden: Die verschlungenen Datenwege und die Anonymität des Internets erschweren den Staatsanwälten die Arbeit – zumal sich die oft aus dem Ausland agierenden Kriminellen wenig um Ländergrenzen scheren und daher oft ohne die Hilfe ausländischer Behörden gar nichts geht.

Umso mehr betonten der Minister und die Bamberger Staatsanwälte die Erfolge, die die Behörde vorzuweisen hat. So konnten Ermittler in Deutschland, Österreich, Lettland und den Niederlanden sechs Verdächtige verhaften, die mit dem illegalen Weiterverkauf von Pay-TV-Zugängen einen zweistelligen Millionenschaden angerichtet haben sollen. Vergangenen Freitag verhängte das Landgericht Nürnberg-Fürth fünfeinhalb Jahre Haft wegen Internethandels mit Ecstasy und weiteren Drogen. Seit einigen Wochen rechtskräftig ist das Urteil der Jugendschutzkammer Traunstein gegen einen 28-jährigen Kinderschänder, der Aufnahmen seiner Taten im Internet angeboten hatte: Der Mann muss für fast acht Jahre hinter Gitter.

Und manchmal hat der Staat sogar die Chance, finanziell von der Ermittlungsarbeit zu profitieren: Als die ZSC eine illegale E-Book- und Hörbuch-Verkaufsplattform hochnahm, beschlagnahmten die Fahnder 1276 Einheiten der digitalen Kryptowährung Bitcoin und weiteres Digitalguthaben. Der Verkauf brachte rund zwölf Millionen Euro ein. Bevor die aber der Staat bekommt, sind zunächst die geschädigten Verlage und Autoren dran.

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