19 Jahre Uttinger Labyrinth

Ein bayerischer Irrläufer

von Redaktion

von tobias lill

Utting – Es sind nur ein paar Schritte – dann ist es vollbracht. Stolz steht der Wanderer vor dem Gipfelkreuz des Watzmanns. Die Sicht reicht bis zum Ammersee. Doch statt auf Berge, Wälder und Wiesen soweit das Auge reicht, fällt der Blick vor allem auf Hanfpflanzen, Mais und jede Menge Sonnenblumen. Also schnell wieder hinunter, eine leichte Steigung auf ein paar Holzbretter und ein gutes Dutzend Schritte nach Westen, und schon ist der Besucher auch schon wieder hinabgestiegen: Und da ist auch schon der Inn – oder ist das sogar schon die Isar?

Hier im Uttinger Feld-Labyrinth unweit des Ammersees ist der Besucher in diesem Jahr eine Art Superman, der mit Riesenschritten innerhalb weniger Minuten vom Berchtesgadener Land über München bis hinauf nach Franken schreitet. Denn anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Freistaats haben die Betreiber eines der wohl bekanntesten bayerischen Irrgärten in diesem Jahr den Freistaat auf ihren drei Fußballplätzen großen Feldern auf Miniaturgröße schrumpfen lassen.

Die Farbe der Gewässer erzeugen blau gefärbte Hackschnitzel und die Wege sind mit Stroh geebnet. Die großen Pfade aus braunen Hackschnitzeln verlaufen an den sieben Bezirksgrenzen entlang – aus der Luft ergibt sich so ein relativ exaktes Bild des Freistaats. Inmitten meterhoher Pflanzen wartet auf die Besucher manche Überraschung. „Natürlich steht auch in diesem Jahr der Spaß am Erkunden, sich Verstecken und das Verirren im Vordergrund“, sagt Labyrinth-Betreiberin Corinne Ernst. Die 44-jährige Uttingerin, deren Familie einen Biohof führt, verspricht den Besuchern ganz im Ton einer Event-Managerin ein „Abenteuer für die ganze Familie“. Und tatsächlich fühlt man sich recht schnell in dem riesigen Gewächs verloren – landet unweigerlich in einer der zahlreichen Sackgassen.

Wenn der Irrgarten morgen eröffnet, können Interessierte bis zum 23. September auch ihre Heimat noch besser kennenlernen. Im vergangenen Jahr seien die zumeist mit Pfählen in den Boden gerammten Schautafeln vor allem Persönlichkeiten gewidmet gewesen, sagt Ernst. Damals stand der Irrgarten ganz im Eindruck des Reformationsjubiläums. Gerade entfernt die Uttingerin noch ein altes Infoschild über Katharina von Bora. „Diesmal stehen neben der Geschichte Bayerns vor allem die Kultur und die Traditionen im Vordergrund“, sagt Ernst, während sie im Aussichtsturm letzte Spinnweben entfernt. Ihr siebenjähriger Sohn Fridolin läutet eine Glocke – „2017 war das hier ein Kirchturm“. Die Glocke bleibt – doch das Kreuz wird noch abgebaut. Was dazu wohl Bayerns Ministerpräsident sagen würde?

Es steckt viel Arbeit in dem Irrgarten. „Da kommen im Jahr schon ein paar Hundert Stunden zusammen“, sagt Corinne Ernst. Jedes Jahr setzt sich die Familie zusammen und überlegt gemeinsam, wie sie das Labyrinth in diesem Sommer ausgestaltet – dann packt jeder mit an. Vor 19 Jahren eröffnete die Familie den Irrgarten. Die Ernsts waren damals nicht die ersten Bauern, die sich einen Nebenerwerb suchten. Doch der Irrgarten sei mehr als ein Broterweb. „Es macht noch immer Spaß“, sagt Ernst.

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