Dachau/München – Wucher, so steht es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unter Paragraph 138, liegt unter anderem vor, wenn „ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Gegenleistung“ vorliegt. Laut Jan Wunschel, Anwalt in der Münchner Kanzlei Arnecke-Sibeth-Dabelstein, lag ein derartiges Missverhältnis vor, als eine Dachauerin im Jahr 2007 ihre Hälfte eines vier Hektar großen Pferdehofs in Eschenried für nur 50 000 Euro an einen Augsburger Geschäftsmann verkaufte – hinter dem Rücken ihres Ehemanns und entgegen dem Rat ihrer damaligen Anwältin.
Vorangegangen war dem Geschäft ein jahrelanger Rosenkrieg zwischen dem Hofbesitzer-Paar. Wunschel zufolge sei die Frau aufgrund ihrer Alkoholsucht und damit einhergehend einer schweren Diabetes-Erkrankung nicht geschäftsfähig gewesen und habe nur über ein eingeschränktes Urteilsvermögen verfügt. Den „angegriffenen geistigen Zustand“ der Frau, so Wunschel, hätte der Augsburger schon allein daran erkennen müssen, dass sie ihm zunächst ihren Besitz sogar verschenken wollte.
Dass es erst am heutigen Mittwoch, und damit mehr als elf Jahre nach dem dubiosen Deal sowie drei Jahre nach dem Tod der Frau zum Gütetermin vor dem Landgericht München II kommt, liegt Wunschel zufolge daran, dass der Augsburger, der eigenen Angaben zufolge über „umfangreichen Grundbesitz“ verfügt, in den vergangenen Monaten versuchte, seine Hof-Hälfte zu versilbern. So schickte er dem mittlerweile 79-jährigen Hofbesitzer eine Klage auf mehr als 60 000 Euro Nutzungsentschädigung.
Im Gegenzug versucht Wunschel nun, per Grundbuchänderung den Augsburger vom Pferdehof zu klagen. Der Augsburger Geschäftsmann wollte sich auf Nachfrage unserer Zeitung nicht zu dem Fall äußern. Wunschel fasst es dagegen umso deutlicher zusammen: „Das ist eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit, wie ich sie in 28 Jahren Berufstätigkeit noch nicht erlebt habe!“