München – Es ist fast dunkel, der letzte Vogel hat seinen Gesang eingestellt, hier und da flattert eine Fledermaus vorbei. Im Wald ist Ruhe eingekehrt, nur der kleine Bach plätschert weiter vor sich hin. Doch dann tut sich was – erst sieht man nur einzelne Glühwürmchen. Wenige Minuten später scheint der ganze Waldrand voll von grün-gelben, durch die Luft schwebenden Lichtern. Magische Momente, die Naturfreunde an lauen Sommerabenden vielerorts erleben können.
Besonders aktiv ist das spektakuläre Liebeswerben in der dritten Junidekade, um das Johannisfest am 24. Juni – ein Grund, warum Leuchtkäfer auch Johanniswürmchen genannt werden. Mehrere Faktoren müssen zusammenkommen, damit die männlichen Tiere an den längsten Tagen des Jahres nach Einbruch der Dunkelheit ausschwärmen: Ideal sind Abendtemperaturen über 15 Grad und feucht-warme Luft, etwa nach einem Sommerregen.
Bevorzugt halten sich Glühwürmchen in Auwäldern entlang von Bächen und Flüssen auf, aber auch bei Laubbäumen mit lichtem Schatten sowie an Übergängen zwischen Wald und Wiesen.
Weltweit gibt es rund 2.000 erfasste Leuchtkäferarten. Allen gemeinsam: Dank der Bioluminiszenz – also der Fähigkeit, sich selbst zu beleuchten – können sie über eine chemische Reaktion in ihren Zellen selbst Licht erzeugen und so potenzielle Partner auf sich aufmerksam machen. Über ein artspezifisches Muster erkennen sich die Tiere.
Andere Länder, andere Sitten – das gilt auch für das Anbandeln bei Leuchtkäfern: So blinkt das Männchen des amerikanischen Photinus pyralis kräftig – und wartet auf Antwort des Weibchens. Es gebe zudem auch Unterschiede im Leuchtrhythmus. Neben „Dauerleuchtern“ gebe es auch „Blinkleuchter“. So ist in tropischen Gefilden wie Borneo an Waldrändern ein besonderes lautloses Spektakel zu beobachten: Dort gibt es Käferarten, die sich auf den Bäumen treffen und dann synchron blinken.
Zurück nach Deutschland. Täuscht der Eindruck, dass es früher mehr Glühwürmchen gab? Wissenschaftlich betrachtet konnten noch nie so viele Glühwürmchen gezählt werden, meldet der Naturschutzbund Deutschland, der in Sachsen seit drei Jahren eine Zählaktion betreut. Zugleich schrumpfe – etwa durch den Rückgang der Auwälder – ihr potenzieller Lebensraum.
Ob man Glühwürmchen sehe, habe viel mit einem selbst zu tun. Entomologe Matthias Nuß vom Naturschutzbund verweist auf eine Anekdote: „Ein Mann erinnert sich, dass er sich als Frischverliebter mit seiner Freundin im Sommer immer unter den Weidenbusch gesetzt und Glühwürmchen gesehen hat. Heute sieht er keine mehr.“ Nuß fragt sich, ob hier vielleicht die Liebe der beiden nicht mehr wirklich glüht. Wenn man heute also keine Glühwürmchen mehr sehe, habe das viel „mit unserem persönlichen Aktivitätsmuster zu tun“. A. Prauss